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Buchtipp: Miss Jemimas Journal – Eine Reise durch die Alpen

von Stefanie Dehler
4 Kommentare

Buchcover Miss Jemimas JournalIm Jahr 1863 gab es noch keine Seilbahnen in der Schweiz, Frauen durften nicht Mitglied im Alpine Club in London werden, man schrieb Tagebuch statt Blogs – und eine Firma namens Thomas Cook führte die erste geführte Pauschalreise in die Alpen durch.

Eine der Reise-Teilnehmerinnen, Jemima Morrell, schrieb ein großartiges Tagebuch über die Tour, dies wurde jetzt zum ersten Mal auf Deutsch übersetzt und vom Rogner & Bernhard Verlag in einer wunderschönen Ausgabe herausgebracht.


Das fängt schon beim Papier an, sowohl Umschlag als auch Seiten lassen einen fühlen, dass man hier etwas Besonderes in den Händen hält. Es ist ganz in lila gehalten, auch das Lesezeichen-Bändchen, an einigen wenigen Stellen gibt es wunderschöne verschnörkelte Zeichnungen von Kühen, Bergen und Postkutschen, so wie man halt früher seine Tagebücher verziert hat.

Miss Jemimas Journal Innenseite

Miss Jemimas Journal Innenseite

Aber vor allem faszinieren die Tagebucheinträge von Miss Jemima, die herrlich ironisch und selbstironisch von ihren Abenteuern erzählt. Zum einen schreibt sie natürlich über die Orte, an die sie mit der Gruppe von Thomas Cook reist – von London nach Paris, Genf, Chamonix, ins Wallis, nach Interlaken und Luzern und wieder nach Hause. Sie wandern, immer zusammen mit Bergführern, die sie vor Ort anheuern müssen und deren Beschreibungen klingen wie heutzutage Taxifahrer in Cuba, die sich an einer Busstation auf die Neuankömmlinge stürzen… Zum Teil legen sie lange Etappen zu Fuß zurück, teils fahren sie aber auch mit Schiff und Postkutsche – immer gezwungen, ihr Gepäck so leicht wie möglich zu halten, was die Damen auch gut durchhalten, erst in Paris fallen sie dann in einen Kaufrausch.

Interlaken*

Interlaken 2013*

Neben den Beschreibungen von Landschaft und Bergen zitiert Jemima fleißig aus Texten von anderen Reisenden in den Alpen aus jener Zeit, und vor allem beschreibt sie ihre 7 Mitreisenden und die Leute, die sie unterwegs beim Wandern, im Hotel oder in der Postkutsche treffen. Beschreibungen von deren Eigenarten und Verhalten und dem großen Spaß, den sie miteinander haben, ob bei einer Schneeballschlacht oder bei der Abwehr von Kirschenverkäufern.

Ein wenig philosophiert Jemima auch bei ihren Beschreibungen, zum Beispiel sagt sie, beim Wandern von Chamonix aus:

„Und tatsächlich ist Zeit ein entscheidendes Element, um von der Herrlichkeit einer Landschaft die größte und bleibendste Befriedigung zu erlangen, damit jeder Eindruck einsinken und zu einem dauerhaften Besitz fürs Leben werden kann.“

Hach.

Und heute?

Viel anders ist eine geführte Reise durch die Schweiz heute vielleicht auch nicht. Ob feine Damen so beschwerliche Wanderungen unternehmen oder nicht doch die Seilbahn nehmen? Luxusbus mit WLAN statt Postkutsche, Gepäck ohne Ende? Die Landschaft ist die gleiche, Lästermäuler wie Jemima finden sich in jeder Reisegruppe, auf der ganzen Welt … einen erheblichen Unterschied gibt es allerdings: heutige Reisetagebücher, auch in Blog-Form, laufen über mit Fotos und Videos, Instagram und Selfies lassen grüßen. Und die Thomas Cook Reisegruppe 1863?

Die machte einen Termin mit einem Fotografen in Paris, um wenigstens ein paar Gruppenfotos zu haben.

Brienzer See in der Schweiz 2013*

Brienzer See in der Schweiz 2013*

Fazit zu Miss Jemimas Journal

Kurz gesagt, das Buch ist großartig, wenn man (alte) Reiseerzählungen mag, lebhaft und originell geschrieben, detailreich und begeistert, mit einem ironischen Unterton einerseits und mit großem Stolz auf Seite von Miss Jemima, bei dieser ersten geführten Alpen-Reise dabei zu sein. Das Vorwort der deutschen Ausgabe stammt übrigens von Andreas Lesti, dem Jemima bei seiner Recherche für sein großartiges Buch „Oben ist besser als unten“ begegnet ist. Die beiden Bücher passen wunderbar zusammen und gehören zu den „Schätzen“ in meinem Bücherregal.

Ach ja, vielleicht noch das Tollste überhaupt – Miss Jemima hatte doch tatsächlich am gleichen Tag Geburtstag wie ich; und auch wenn es im Lied von Thees Uhlmann über den 7. März heißt „Dies ist nur ein Datum und dies ist nur ein Tag“, mir macht diese Tatsache das Buch noch ein bisschen schöner…

Jemima Morrell „Miss Jemimas Journal – Eine Reise quer durch die Alpen“, aus dem Englischen von Heike Steffen, illustriert von Stephanie F. Scholz, Rogner & Bernhard, erschienen 2014, 160 Seiten, ISBN 978-3-95403-050-7, 17,95 Euro.

Ich habe das Buch als Rezensionsexemplar vom Verlag bekommen, vielen Dank! Du kannst hier Miss Jemimas Journal bei Amazon bestellen** oder hol es dir in deiner Lieblings-Buchhandlung. 

 

*Mehr zu meiner Interlaken Reise 2013 hier. Wenn man erst mal damit anfängt, in alten Fotos rumzublättern… du kennst das.

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4 Kommentare

Sonya | soschy on tour 4. Mai 2014 - 10:10

Klingt nach einem sehr schönen Buch. Danke für den Tipp.

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Stefanie Dehler 4. Mai 2014 - 21:13

Ich kann’s dir sehr empfehlen! Bis in kürze in Berlin :)

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Die Blogger-Woche | Luxushotel Tester Magazin 7. Mai 2014 - 14:49

[…] but not least hat „Gipfel Glück“ einen ganz besonderen Buchtipp für uns: Wie war es Mitte des 19. Jahrhunderts als Frau durch die Alpen zu […]

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Sonja Berndl 2. Juli 2014 - 23:08

Danke für den Tipp! Setz´ ich auf meine „dieses-Buch-will-ich-haben-Liste“.

Viele Grüße
Sonja

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