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Gastbeitrag: Sonnenaufgang in der Betonwüste Wendelstein

von Torkelbiene
3 Kommentare

Der Wendelstein fehlte bisher tatsächlich noch in diesem Blog – dabei ist er einer von wenigen, den man Dank Antenne von der Autobahn und von jedem umliegenden Gipfel in Bayern erkennen kann. Ich war dort mal als Kind und gebe zu, dass er mich derzeit aufgrund der Menschenmassen eher abschreckt. Gastautorin Torkelbiene hat da eine clevere Lösung: den Wendelstein zum Sonnenaufgang!

Der 15.August – Feiertag in großen Teilen von Bayern – lädt ja meist ein zu einem verlängerten Wochenende – für mich seit Jahren in die Berge. Dieses Jahr waren einige Tage auf der DAV-Selbstversorger Siglhütte (1.334m) dran.

Wendelstein von der Siglhütte aus in Morgenstimmung

Unser Start war am Vortag Hochkreut/Bergcafé, bei dem man auch vorbeikommt, wenn man vom Bahnhof Osterhofen oder der Talstation der Wendelsteinbahn aus läuft. Von hier mussten wir sogar unser Koch-/Spül-/Trink-Wasser die 300 Höhenmeter zur Hütte rauf schleppen, da der Bach, der das Wasser normaler Weise liefert, komplett ausgetrocknet war (wir brachten also erst unser Vier-Tages-Gepäck rauf und holten dann das Wasser in einem zweiten bzw. am 3. Tag dann dritten Aufstieg, anders war es nicht machbar).

Die Stunde Aufstieg sparten wir uns dann aber am nächsten Morgen, als wir in aller Herrgottsfrühe losmarschierten: Um 6:09 Uhr sollte der Sonnenaufgang auf dem Wendelstein sein, also hieß es um vier Uhr aufstehen. Mit Stirnlampe, Stöckern und Steffis Rucksack bewaffnet ging es im Stockdunkeln los – der Mond schien zu dieser Zeit nicht. Etwas unheimlich war mir schon, als die Kühe aufschreckten, weil wir sie vertreiben mussten, damit wir das eine Tor passieren konnten. Habe mich doch zweimal umgeschaut, ob sie uns nicht folgen.

Nach nicht mal einer Viertelstunde erreichten wir die (um diese Uhrzeit natürlich noch nicht) bewirtschaftete Wendelsteinalm (1.508m), bei der die Wanderwege aus Osterhofen, Bayerischzell und Sudelfeld zusammenführen. Der Weg ging sich auch im Dunkeln gut, da er Dank der hellen Steine gut zu erkennen ist. Nur einmal war es nicht eindeutig, aber das klärte sich schnell auf, indem wir den Blick weiter schweifen ließen. Da es trocken war, bestand nirgends Rutschgefahr, auch nicht dort, wo man Holzstufen hat (diese mehren sich, je höher man kommt).

Wir liefen viel zu schnell und waren eine Stunde vor Sonnenaufgang bereits beim Wendelsteinhaus (1.740m). Aber Wendelsteinhaus hieß ja noch nicht Gipfel. Nun begann für mich einer der hässlichsten Wege, die ich je gesehen habe: der Gipfelweg vorbei an der Wendelsteinhöhle. 30 min Aufstieg auf total betoniertem Wege! Oben angekommen weckten wir Gipfelübernachter, als wir feststellten, dass die Wetterstation und Sternwarte so gebaut sind, dass vom Gipfel aus kein Sonnenaufgang zu sehen sein wird. Schnell noch ein Gipfelkreuzfoto gemacht und dann auf zum östlichen Panoramaweg.

Gams am Wendelstein

Der Panoramaweg ist teilweise auch betoniert, aber auch baufällig, wirklich unschön! Aber: wir haben einige Gämse gesehen, ganz toll! Ein Stück weiter fanden wir eine Bank, die genau Richtung Osten zeigte. Nun hieß es: warten bei kaltem Wind. Aber wir hatten einen Biwakschlafsack als Decke dabei. Der Chiemsee (auf dem Bild gleich neben der aufgehenden Sonne zu sehen) leuchtete rot, wunderschön! Wir konnten uns an der Rotfärbung kaum satt sehen. Und dann, bereits 6:03 Uhr, erblickte ich als erste den Rand der Sonne. Kaum zu sehen, aber doch eindeutig war sie es. Leider kletterte die rote Sonne viel zu schnell empor, wurde aber bis zum kompletten Aufgang immer intensiver. Innerhalb von Minuten, nämlich um 6:10 Uhr, war sie bereits aufgegangen und der Himmel verblasste leider zusehends. Ein viel zu kurzer Moment des Genusses. Aber einer, für den es sich lohnt, das Bett zu einer unmenschlichen Zeit zu verlassen.

Wendelsteinmorgens_kl

Wir verließen unseren windigen Platz, um ein Stück weiter unten geschützt unser erstes Frühstück zu verzerren. Die Sonne wärmte langsam, so ließ es sich aushalten. Der Weg zurück führte uns dann – obwohl man ihn so gehen kann – nicht zum Wendelsteinhaus zurück, sondern Richtung Zeller Scharte und dann auf den Weg, den wir auch hochgekommen sind. Unterwegs kann man viele Bauten wie eine Kapelle oder den Zahnradbahnhof und teilweise den dazugehörigen betonierten Tunnel sehen. Wir waren schon früh zurück und es gab als Belohnung selbstgemachten Kaiserschmarrn als zweites Frühstück. Den hatten wir uns verdient!

Fazit:

Der Wendelstein (1.838m) ist trotz mittelschwerem Weg ein heiß beliebter Ausflugsort (von uns auch als Autobahnrennstrecke bezeichnet), der – abgesehen von dem zu anderen Uhrzeiten als zum Sonnenaufgang völlig überlaufenem Gipfel – wirklich schön zu laufen ist. Allerdings würde ich von der Siglhütte/Bayerischzell/Sudelfeld aus immer andere Ziele wählen wie z. B. Wildalpjoch (1.720m) oder (der von uns wegen Regengefahr nicht belaufenen) Larcherspitze (1.724m). Da wird es sofort ruhig, da die Wege als schwierig gekennzeichnet sind.

Kennst du das schon?

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3 Kommentare

Phil 10. September 2013 - 19:53

Schöne Bilder!
Auch wenn der Gipfel des Wendelsteins doch ein wenig zur Rennstrecke mutiert ist, ist er für mich immer noch ein kleines Stück Heimat. Ich habe einige Jahre etwa 5 Kilometer Luftlinie zum Berg gewohnt. Da vermisst man den Anblick doch ein wenig.

LG Phil

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Trailrunner Uwe 1. Juli 2020 - 12:44

Vielen Dank für den schönen Bericht!
Ich habe den Wendelstein schon seit längerem auf meiner Liste und Du hast mich jetzt noch einmal neu motiviert diesen zeitnah anzupacken. Ich weiß nicht ob Du diesen Kommentar liest, aber mich würde es interessieren ob man den Wendelstein auch als Trailrunner in Trailschuhen erklimmen kann. Sprich….. die Frage ist: „Was bedeutet mittelschwer“?
Ich würde mich sehr über eine kurze Antwort freuen.
Viele Grüße aus München und mach weiter so,
Uwe

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Stefanie Dehler 1. Juli 2020 - 19:42

Hallo,
Trailrunning-Schwierigkeiten kann am ehesten jemand einschätzen, der selber durch die Berge rennt. Deswegen am besten bei Trailrunning Blogs oä nachfragen…
Viele Grüße
Stefanie

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