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Alpenüberquerung – Die Wanderung auf dem E5 (Teil 2)

von Stefanie Dehler
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Alpenüberquerung: Tag 1 bis 3 auf dem Weg zwischen Oberstdorf und Meran

Ich möchte hier keine detaillierte Wanderbeschreibung meiner Alpenüberquerung geben, die nehmt ihr besser aus Karte und Wanderführer. Ich habe kaum Notizen gemacht, an viele Erlebnisse entlang der Route erinnere ich mich aber noch gut- auch mit Hilfe der 2.000 (?) Fotos.

Start in Oberstdorf ist für meinen Begleiter und mich an einem Juni-Sonntag- obwohl man vor dem Sonntag als Starttag warnt, da viele Leute an dem Tag aufbrechen. Das war wie bei Teil 1 der Serie schon gesagt kein Problem, schwerer zu schaffen macht uns die Unwetterwarnung über Bayern: Regen, Sturm, Nebel und dunkle Wolken sind angekündigt.

Wir lassen uns nicht abschrecken, die erste Etappe vom Bahnhof Oberstdorf zur Kemptner Hütte ist kurz, startet flach. Zunächst einmal statten wir den Souvenirläden von Oberstdorf noch einen Besuch ab, um die Ausrüstung zu vervollständigen und wer weiß schon, wann man wieder Zivilisation erreicht, beim Trek über die Alpen.

Alpenüberquerung: Von Oberstdorf über die Kemptner Hütte bis Holzgau

Die Skisprungschanzen sind kaum zu erkennen im Nebel und Nieselregen, in den 4 Stunden zur Hütte hoch bessert sich das auch nicht. Der Weg ist aber nicht schwer, steil oder ausgesetzt, so dass man zwar rundum nichts von den Allgäuer Bergen sieht, aber auch nicht vom Weg abkommen kann.

Eintönig und ungemütlich ist es, leider, bis schließlich der Geruch von Essen in der Luft hängt. Ein paar Schritte weiter stehen wir dann direkt vor der Kemptner Hütte. Kein Gedanke an den Sonnenuntergang auf der Terrasse – auf den Bänken vor der Hütte liegt etwa 10 cm Neuschnee, rundherum hängen dicke Wolken.

Kemptener Hütte E5 zwischen Oberstdorf und Meran
Schnee auf der Kemptener Hütte am E 5

Schnell hinein, gerade rechtzeitig um noch Abendessen zu bekommen, der heiße Tee wirkt Wunder. Den Leuten hier auf der Hütte werden wir in den nächsten 6 Tagen der Alpenüberquerung immer wieder begegnen, es sind vielleicht 40. Der Hüttenwirt erzählt vom Neuschnee und den wenigen Besuchern auf der Hütte bis jetzt – er nimmts gelassen und freut sich, endlich einmal Zeit für Kreuzworträtsel zu haben (Wenn du mal früh im Sommer auf der Kemptner Hütte bist, bring dem Wirt doch bitte ein Kreuzworträtselheft mit!). Entsprechend ergattern wir ein 8er Lager zu zweit, heißes Wasser gibt es nicht, aber Schokolade auf den Kopfkissen.

Der nächste Tag, Nebel, Schnee wohin man blickt, grau, wild, spannend! Wir lassen die Gruppen mit den Bergführern mal zuerst losgehen, schließlich kennen die den Weg nach Meran. Ein Weg ist im Tiefschnee nicht zu sehen, kaum mal ein Wegzeichen, nur die Spuren der anderen. Gleich hinter der Hütte schon ein Schild, dass den Grenzübertritt nach Österreich markiert, und pünktlich zur Mittagszeit in Tirol: eine Ortschaft, Holzgau. Eine warme Mahlzeit, am Nebentisch eine der Gruppen, die wir schon kennen.

Alpenüberquerung: Von Holzgau zur Memminger Hütte

Hinter Holzgau beginnt ein langweiliges Wegstück entlang einer Straße, das die meisten E5 Wanderer mit Taxi überbrücken, die Gruppe nimmt uns mit. Nach dem guten Mittagessen dann das zweite Highlight des Tages: die Materialseilbahn zur Memminger Hütte! Ein Metallkasten hängt am Stahlseil, man legt seinen schweren Rucksack hinein, behält nur das nötigste bei sich. Über die Kiste kommt eine Plane, über Funk wird der Hüttenwirt vorgewarnt und dann entschwebt die Kiste samt Rucksäcken wie von Zauberhand in den Nebel, nach oben. Kleiner Vorgriff: an der Hütte angekommen, wartet der treue Rucksack oben, schwanzwedelnd, wenn er denn einen hätte.

Materialseilbahn Memminger Hütte E5 Alpenüberquerung

Der Weg zur Memminger Hütte ist recht steil, aber gespickt mit Steinböcken und Haflingern, etwas Matsch und viel Schnee, an den man sich ja schon fast gewöhnt hat.

Die Memminger Hütte erscheint immer dann, wenn die „10 schönsten Hütten der Alpen“ oder ähnliche Aufzählungen veröffentlicht werden. Weil sie so malerisch inmitten von hohen Gipfeln in der Nähe von herrlich blauen Seen, umgeben von saftig grünen Wiesen liegt. Angeblich. Auf Bildern kann man das öfter sehen, bei uns allerdings: grau. Nebel. Dunkleres grau sind wohl Felswände. Ein dunkelgrauer Fleck entpuppt sich schließlich als Hütte. Es gibt ein schönes Zimmer, natürlich keine heiße Dusche, gutes warmes Essen in einer Stube mit warmem Feuer.

Und plötzlich reißt die Wolkensuppe auf, man sieht Bergwände und Gipfel! Alles rennt nach draußen, die Fotoapparate clicken wie wild, jede:r gibt alles. Nach 10 Minuten ist der Spuk vorbei. Erneut graue Suppe. Schnell wieder hinein, gute Nacht.

Berge an der Memminger Hütte E5 Alpenüberquerung

Alpenüberquerung: Die Seescharte- Schlüsselstelle auf 2.599 m

Am nächsten Morgen der Alpenüberquerung das gleiche Spiel. Schnee, Wolken. Schon kurz nach dem Frühstück – wir haben die Bergführer mit ihren Gruppen wieder vor gehen lassen – näheren wir uns der für mich kritischsten Stelle der ganzen Wanderung auf dem E5.

Der Weg zur Seescharte hoch ist steil, eisig, rutschig, kurzzeitig mit Stahlseil gesichert. In der Scharte stehend ein banger Blick, auf der anderen Seite geht es noch steiler, noch eisiger, furchterregend nach unten. Kein Platz zum Bewegen, auf beiden Seiten des kleinen Standplatzes geht es steil nach unten. Grödel? Tief im Rucksack verstaut. Aber mit Überwindung, sicheren Tritt findend, auf den Halt durch die Wanderstöcke verlassend überstehe ich auch die ersten 10 Schritte auf der anderen Seite der Seescharte.

Seescharte am E5 Alpenüberquerung Oberstdorf Meran

Jetzt geht es „nur noch“ bergab, 1000 Höhenmeter oder so. Mittagessen? Im Schnee kein gemütlicher Platz zu finden, also im Stehen ein Apfel, ein paar Kekse, weiter. Irgendwann hört der Schnee auf, es geht über Wiesen, weiter rundum alles in dunklen Wolke gehüllt, bald auf breitem Weg hinunter ins Tal, wo ein Fluss fließt, Autos fahren. Der Ort Zams ist unser Etappenziel, Übernachtung in einer Pension, mit Badewanne, Essen in einer Pizzeria, ein Supermarkt vom feinsten. Alpenüberquerung trifft Zivilisation.

Aber soll das so weitergehen, ständig Nebel, Wolken, Schnee und schwierige Bedingungen? Irgendwie hatte ich mir das doch anders vorgestellt, denke ich mir in meinem kuscheligen Pensions-Bett in Zams, bevor die Erschöpfunge für tiefen Schlaf sorgt.

Die Sonne!

Am nächsten Morgen: schon am Frühstückstisch ist blauer Himmel zu sehen. Beim Losmarschieren scheint die Sonne.

Und das schönste: Bis zur Ankunft in Meran wird keine Wolke, kein Nebelfeld, kein Schneeschauer ihr Antlitz mehr trüben! Das sei an diesem Punkt schon verraten. Vom tiefsten Winter sind wir in den herrlichsten Sommer gewandert!

in Zams, Alpenüberquerung E5 von Oberstdorf nach Meran

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Etappen 1 bis 3 auf dem E5 Oberstdorf Meran
Von Oberstdorf nach Meran, auf dem Fernwanderweg E5

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Weiterlesen: Berichte zur Wanderung Oberstdorf – Meran auf dem E5

Alpenüberquerung E5 Etappen 1 bis 3

Alpenüberquerung E5 Etappen 4 bis 6

Alpenüberquerung E5 Etappen 7 bis 9

Alpenüberquerung E5 Etappen 10 und 11

E5 Kaunergrat-Variante

Tipps für die Planung und Durchführung der E5 Alpenüberquerung

Alpenüberquerung E5 Extras (Literatur, Wanderkarte, Tipps)

Alpenüberquerung E5 Vorbereitung und Tipps

Und: Interview mit TV Moderatorin Tamina Kallert über ihre Alpenüberquerung auf dem E5

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Empfehlungen: Ausrüstung für Hüttentouren*

Die ersten Etappen der Alpenüberquerung E5, von Oberstdorf nach Meran
Von Oberstdorf nach Meran, auf dem Fernwanderweg E5

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6 Kommentare

Der Alte Griesgram 18. Januar 2012 - 20:32
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Alpenüberquerer 31. Januar 2014 - 11:04

Klasse Beitrag! Freut mich das auch mal einer auf die Schlüsselstelle an der Seescharte eingeht. Hatte da vor meiner Wanderung nie was gelesen und dann war sie da auf einmal^^

Viele Grüße

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Stefanie Dehler 1. Februar 2014 - 21:37

Ja, die Seescharte, plötzlich war sie da, das habe ich in guter Erinnerung :)

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Wandern für Anfänger Teil 1: Die schönste Wanderroute - verwandert.de 22. Juli 2014 - 07:11

[…] Lieblingsstrecke von Stefanie von Gipfelglück […]

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Sonja 14. August 2020 - 17:43

Hi Stefanie, an welcher Stelle ist den die Wegmarkierung in Herzform aus deinem Beitrag ganz oben zu finden auf dem Weg?
Toller Beitrag…. hab ihn mit Begeusterubg gelesen und mach mich bald selbst auf den Weg :-). LG Sonja

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Stefanie Dehler 15. August 2020 - 16:27

Hallo Sonja,
gute Frage nach 10 Jahren… aber ich habe über den Dateinamen etwas geforscht in alten Foto Ordnern. Es müsste irgendwo am Venet sein, oberhalb von Zams, bevor man ins Pitztal hinunter geht. Am besten Augen offen halten, wer weiß ob es noch da ist nach all der Zeit? Viel Vergnügen bei deiner Tour und alles Gute!

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