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Ins Ewige Eis: Gletscher-Wanderung im Gschlößtal in Osttirol

von Stefanie Dehler
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Wegmarkierung GletscherWenn man an einem perfekten Dienstag den Großglockner bestiegen hat, was soll man da am darauffolgenden sonnigen Mittwoch in der Gletscherwelt der Hohen Tauern unternehmen? Kein noch so schöner Gipfel hätte gegenüber dem höchsten aller österreichischen Gipfel eine Chance.

Noch völlig überwältigt vom Glockner-Gipfel-Glück zurück in Kals, machte ich mich am Nachmittag auf den Weg Richtung Felbertauerntunnel. Doch unmittelbar, bevor man von Süden in den Tunnel einfährt, lohnt es sich sehr links abzubiegen: man gelangt ins Gschlößtal. Von den ORF Zuschauern 2015 als schönster Ort Tirols ausgezeichnet*. Startpunkt einer tollen 6 Stunden (Gehzeit) Gletscherwanderung mit Nationalpark Ranger Emanuel. Und perfektes Nach-Gipfel-Programm mit viel Gletscherglück in Osttirol.

Gletscherblick vom Gschlößtal

Gletscherblick vom Gschlößtal

Matreier Tauernhaus

Matreier Tauernhaus

Das Gschlößtal … Am Anfang des Tals steht das Matreier Tauernhaus, ein traditionsreicher Ort zum Übernachten, war hier doch schon im 13. Jh. eine Herberge für Reisende auf dem beschwerlichen Weg über den Felbertauern vom Salzburger Erzbischof errichtet worden. Am Ende des 5 km langen Tals die Gletscher des Venedigermassivs, die das Tal prägen und faszinierende, prächtige Kulisse für unsere geführte Wanderung “Ins ewige Eis” sind.

Unterwegs im Nationalpark Hohe Tauern

Unterwegs im Nationalpark Hohe Tauern

Die Wanderung findet im Sommer jeden Mittwoch statt, und führt “ganz normale Wanderer” sehr nah an die Gletscher heran, in eine Welt, die sonst nur Bergsteiger erleben. Theoretisch kann man sich ein Heftchen im Nationalparkhaus in Matrei kaufen und die Wanderung alleine unternehmen – aber ich kann sehr empfehlen, sich Emanuel (und seinen Kollegen) vom Nationalpark Hohe Tauern anzuschließen, denn seine Begeisterung und sein Wissen um das Tal, die Gletscher und den Nationalpark machen die Wanderung zu etwas ganz Besonderem.

Nationalpark Ranger Emanuel am Beginn des Gletscherweges

Nationalpark Ranger Emanuel am Beginn des Gletscherweges

Nationalpark Ranger Emanuel nimmt seine Gruppe aus heute 5 Teilnehmern am Matreier Tauernhaus in Empfang (1.512 m), wir steigen in einen Minibus (es fahren auch Kutschen! Selber fahren geht nur mit dem Radl) bis zum Venedigerhaus in Innergschlöß (1.700m) und wandern von dort gemütlich Richtung Talschluss und dann auf der linken, südlichen Seite rund 400 Hm hinauf. Stets im Blick: Der Hohe Zaun (3.451m), die Schwarze Wand (3.506m), der Großvenediger (3.666m), der Kleinvenediger (3.471m).

Start der Wanderung am Venedigerhaus im Gschlößtal

Start der Wanderung am Venedigerhaus in Innergschlöß

Gletscherbach im Gschlößtal

Gletscherbach im Gschlößtal

Immer wieder lässt uns der Nationalpark Ranger anhalten und erklärt uns etwas – wie weit der Gletscher wann hinunter ging, wie sich ein Gletscherbach im Laufe eines Tages verändert, alles über die letzten Eiszeiten und wie sie die Landschaft in den Hohen Tauern und anderswo veränderten. Nur ein paar konkrete Highlights aus den interessanten Erklärungen unseres Rangers:

  • Die Römer waren einst erfolgreich, weil sie in einer klimatisch günstigen Periode lebten, Hannibal konnte mit seinen Elefanten über die Alpen ziehen, weil diese eben nicht komplett von Gletschern bedeckt waren. Die Römerzeit ging zu Ende als das Wetter schlechter wurde und deswegen die Völkerwanderung einsetzte (ganz kurz zusammengefasst).
  • Hitze ist für ein Gletscher eigentlich gar nicht so wild: wie ein Mensch würde er dann schwitzen, Schnee/Eis würde verdunsten und ihn damit abkühlen. Viel schlimmer ist die hohe Luftfeuchtigkeit. Denn wegen ihr kann nichts verdunsten sondern der Gletscher schmilzt und schmilzt.
  • Der Salzboden hat seinen Namen von den Schäfern bekommen, hier brachten sie salzige Lecksteine zu ihren Herden. Im Salzbodensee ist baden übrigens nicht grundsätzlich verboten, aber er ist so tief und kalt, dass man nicht damit rechnen kann, im Falle eines Falles gerettet zu werden.
Blick zur Schwarzen Wand und zum Venediger

Blick zum Hohen Zaun, zur Schwarzen Wand und zum Venediger

Salzbodensee

Salzbodensee

Überhaupt, der Salzboden (auf 2.137 m), was für eine herrliche Landschaft! Grün in allen Schattierungen, ein krasser Gegensatz zur Eis- und Felswüste am Großglockner. Man könnte Stunden in den Blumenwiesen sitzen und die Gletscher betrachten. Aber es gibt noch so viel mehr zu sehen.

See am Salzboden

See am Salzboden

Blumenwiese Salzboden

Zum Beispiel das berühmte Auge Gottes (2.240m) – das den Nationalpark in ein echtes Dilemma bringt, denn es versandet mehr und mehr. Sollte man die Natur im Nationalpark also konsequent machen lassen, was sie will, und das Auge versanden lassen? Oder doch ein wenig eingreifen, den Tümpel reinigen, so dass Besucher weiterhin kommen um die Wollgrasinsel zu sehen und nebenbei noch mehr über die gefährdete, schöne Natur lernen?

1000e Kaulquappen leben hier übrigens auch. Und weil der Sommer so kurz ist, brauchen sie zwei Jahre, um zu richtigen Fröschen zu werden. Den Winter überleben sie eingebuddelt im Boden…

Das Auge Gottes im Nationalpark Hohe Tauern

Das Auge Gottes im Nationalpark Hohe Tauern

Felsen und Blumenwiese, bei der Gletscherwanderung in Osttirol

Felsen und Blumenwiese, bei der Gletscherwanderung in Osttirol

Je näher wir dem Gletscher kommen, dem Schlatenkees um genau zu sein, desto weniger grün, dafür felsiger, karger und kälter wird es. Kalte Fallwinde vom Gletscher lassen einen frösteln, aber auch die Geschwindigkeit, mit der der Gletscher kleiner wird, macht einem Gänsehaut. Rapide wird das Schlatenkees Jahr um Jahr kleiner. Was für unseren Ranger natürlich traurig ist, gleichzeitig aber auch äußerst spannend für die Wissenschaftler, denn: Was passiert jetzt mit dieser Landschaft? Wie schnell kommen Pflanzen und Tiere in diesen neuen Lebensraum?

Auf dem Weg zum Schlatenkees in Osttirol

Auf dem Weg zum Schlatenkees in Osttirol

Wo der Gletscher verschwindet, hinterlässt er neue Naturschönheiten

Wo der Gletscher verschwindet, hinterlässt er neue Naturschönheiten

Besonders zäh müssen die ersten Pflanzen sein, die sich niederlassen. Eine hohe UV Strahlung, extreme Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht, die kalten Winde und kaum Erdboden für die Wurzeln machen den Pflänzchen zu schaffen. Zu den ersten, die sich ansiedeln, gehören Quellsteinbrech, Fetthennensteinbrech, Alpensäuerling, Alpenleinkraut, Petersbart und das Einblütige Hornkraut. Wenn man den Blick anders fokussiert, von den gewaltigen Eismassen des Gletschers hin zu den kleinen Blüten versteht man, wie hier gerade neues Leben entsteht.

Wie die einzelnen Pflanzen...

Wie die einzelnen Pflanzen…

...heißen, habe ich mir...

…heißen, habe ich mir…

...leider doch nicht merken können.

…leider doch nicht merken können.

Über Moränen, geschliffene Felsbrocken, bald komplett weglos sind wir am Gletscher angekommen. Man weiß kaum, wohin man zuerst seinen Blick richten soll, ein Gletscher fasziniert mich mehr als jeder andere Anblick im Gebirge.

 

Schlatenkees. Eine faszinierende grau-weiß-blaue Landschaft

Schlatenkees. Eine faszinierende grau-weiß-blaue Landschaft

Gletscherschliff

Gletscherschliff

Frisches Eis vom Gletscher im Nationalpark Hohe Tauern

Frisches Eis vom Gletscher im Nationalpark Hohe Tauern

Wir beobachten im Fernglas eine Seilschaft auf dem Venediger und machen uns dann wieder auf den Weg ins Tal. Zurück von den faszinierenden Fels- und Eisschönheiten zu grünen saftigen Wiesen und rauschenden Gletscherbächen. Von der relativen Einsamkeit des Gletschers zum Trubel am Venedigerhaus in Innergschlöß.

Es verwundert nicht, dass Bauern hier ihre Häuschen gebaut haben, die nur im Sommer bewohnbar sind, das Gschlößtal am Fuße der herrlichen Tauern-Gletscher ist wirklich ein besonderes Fleckchen Osttirol.

Wanderziele vom Gschlößtal im Nationalpark Hohe Tauern

Wanderziele vom Gschlößtal im Nationalpark Hohe Tauern

Traumhaft schöne Landschaft im Gschlößtal/ Osttirol

Traumhaft schöne Landschaft im Gschlößtal/ Osttirol

Fazit: Das Gschlößtal ist definitiv ein Grund nach Osttirol bzw in die Hohen Tauern zu reisen, auch wenn man nicht auf hohe Berge steigt. Oder eben als Ergänzung zu hohen Bergen! Eine geführte Wanderung mit dem Ranger hat so gar nichts mit ödem Naturwissenschafts-Unterricht in der Schule zu tun, jeder Satz unseres Rangers war interessant und man bedauert schon während der Tour, dass man sich gar nicht alles merken kann. Große Empfehlung!

Zurück am Venedigerhaus Innergschlöß

Zurück am Venedigerhaus Innergschlöß

Gletscherblick

Gletscherblick

Praktische Infos zur Gletscherwanderung im Gschlößtal

Die Wanderung “Ins ewige Eis” wird von Mitte Juli bis Mitte September jeden Mittwoch vom Nationalpark Hohe Tauern angeboten. Anmeldung bis 17 Uhr am Vortag im Nationalparkhaus Matrei (Tel +43 (0)4875 516110), ausgeschrieben als anspruchsvolle Tour, 15 km, 800 Hm, Dauer ca von 8.30 bis 16 Uhr, Kosten 15 Euro pro Person + Taxitransfers. Mehr Infos auch zu weiteren geführten Touren: www.nationalparkerlebnis.at, www.hohetauern.at

Schlatenkees im Nationalpark Hohe Tauern

Schlatenkees im Nationalpark Hohe Tauern

Übernachtung im Matreier Tauernhaus ab 30 Euro pro Person/ Nacht, Rabatt für Alpenvereinsmitglieder. 120 Betten in einfachen Zimmern. Gutes Frühstück und schöne Terrasse www.matreier-tauernhaus.at

Hinweis: Die Osttirol Werbung und die Österreich Werbung haben mich zum Besuch im Gschlößtal eingeladen. Danke!

Alle Höhenangaben aus Websites, Karten und Broschüren der Osttirol Werbung.

Datum der Tour: 3. August 2016

*In der Sendung „9 Plätze 9 Schätze“, tv.orf.at/9plaetze/

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Innergschlöß

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Highlight bei der Gletscherwanderung Ins Ewige Eis in Osttirol

Highlight bei der Gletscherwanderung Ins Ewige Eis in Osttirol

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2 Kommentare

Rebecca 12. September 2016 - 14:36

Hey Steffi,

da hast du wirklich tolle Bilder mitgebracht, vielen Dank für’s Berichten! Vor ein paar Jahren war ich für zwei Wochen in Virgen, ganz in der Nähe. Damals haben wir auch überlegt, ins Gschlößtal zu wandern, haben uns aber für eine andere Tour entschieden. Schade!

Liebe Grüße

Rebecca

P.S.: Das letzte Blumenbild zeigt auf jeden Fall eine Steinbrechart. Welche, kann ich allerdings nicht sagen.

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Stefanie Dehler 18. September 2016 - 16:35

Ganz Osttirol hat so viel Auswahl, sowohl zum Wandern als auch zum Bergsteigen, da muss man eh öfter hinfahren. Irgendwann lernt man vielleicht auch die Namen der Pflanzen ;-)

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