Der Gipfel des Hohen Riffler mit 3.231m, Übernachtung im Friesenberghaus auf 2.498m, ein Stück des Berliner Höhenwegs, dazu für mehrere Tage perfektes Bergwetter gemeldet – wir hatten viel vor und hatten hohe Erwartungen an zwei Tage Zillertal im August. Und es wurde tatsächlich perfekt und sogar noch toller als erwartet.
Der Hohe Riffler ist ein durchaus anspruchsvoller Dreitausender mit unglaublicher Sicht auf drei Länder, das Friesenberghaus viel mehr als nur eine Station auf diversen Fernwanderwegen. Zwei Tage lang keine einzige Wolke am Tiroler Himmel. Kurzum, eine Bergtour, die ich sehr empfehlen kann und für die ich jedem nur ebenso perfektes Wetter wünsche.
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Tag 1 im Zillertal: vom Tal über den Berliner Höhenweg zum Friesenberghaus
Wir beginnen unsere kleine Hüttentour im Zemmgrund, an einem Parkplatz an der Schlegeis Alpenstraße zum Schlegeisstausee. Hier campen ein paar Kletterer, an der Straße ist die Bushaltestelle Kaserleralm, der Weg ist durchaus in Karten eingezeichnet – aber mehr als ein Schild mit „6 ½ Stunden bis Friesenberghaus“ und zwei rote Punkte an Felsen sieht man zunächst nicht.
Geht man den Weg aber auf gut Glück weiter, der Logik entsprechend, kommt man nach einer großen Kehre bald auf einen kleinen Pfad. Rein in den schattigen Wald und rauf auf den nun deutlich markierten Weg zum Friesenberghaus. Einsam ist es und steil, entsprechend freuen wir uns an der Birglbergalm auf einen Brunnen zu stoßen, beim Trinken genau beobachtet vom Kälbchen, und auf einen Hausherrn mit Lust an einer kleinen Plauderei. Man merkt, viele Wanderer kommen hier nicht vorbei.
Eine weitere Stunde später, nach Schwitzerei in einem Latschen-Wäldchen und 900 Hm seit dem Parkplatz, stoßen wir an der Kesselalm auf den Berliner Höhenweg – und auf eine herrliche grüne Wiese, mit Wasserfällen, einem plätschernden Bach und im Gras verstreuten Wanderern mit großen Rucksäcken. Ein wunderschöner Ort für die Mittagspause, mit Blick auf die Napfspitze.
Uns immer wieder gegenseitig überholend spazieren wir nach der Pause in Gesellschaft von sechs anderen Wanderern auf dem Höhenweg weiter. Abwechselnd auf schmalem Pfad durch Wiesen und durch die typischen Stein-Felder des Berliner Höhenwegs. Zwar markiert, aber dennoch muss man sich selbst den besten Weg zwischen den großen Felsblöcken hindurch suchen. Immer ein wenig abgelenkt vom grandiosen Blick nach Südosten, auf die Felsen und Gletscher rund um Großen Möseler, Schönbichler Horn und Hochfeiler und auf den türkis leuchtenden Schlageisspeicher mit seiner mächtigen Staumauer.
Hüttenglück: Im Friesenberghaus im Zillertal
Die Felshüpferei ist anstrengender als gedacht und so sind wir froh, nach 6 Stunden und 1.500 Hm das Friesenberghaus zu erreichen (2.498m). Welch herrlicher Ort für eine Hütte! Eine gezackte lange Felswand grenzt das Gebiet zum Hintertuxer Gletscher ab, theoretisch erreichbar durch die Friesenbergscharte. Davor der kleine Friesenbergsee, an dem Kühe und Schafe weiden. In Serpentinen erkennbar der Weiter-Weg zur Olperer Hütte. Der Stausee und die hohen Zillertaler Gipfel an der Grenze zu Südtirol. Und endlich auch unser Ziel für den morgigen Tag, der Hohe Riffler.
Die Hütte selbst ist so gemütlich, das Hüttenteam sehr engagiert und begeistert, für eine Hütte, die von vielen „Durchreisenden“ auf dem Weg nach Venedig oder auf dem Berliner Höhenweg besucht wird, überrascht mich die Herzlichkeit auf der Hütte, und es stellt sich heraus, dass nicht alle auf langer Tour sind sondern uns morgen am Gipfel wohl Gesellschaft leisten werden.
Außerdem ist das Friesenberghaus von großer historischer Bedeutung: Ende der 1920er Jahre ließen viele Alpenvereins-Sektionen keine jüdischen Mitglieder mehr zu, so dass sich mit der Sektion Alpenland und dem „Deutschen Alpenverein Berlin“ zwei neue Sektionen gründeten, die Juden erlaubten und die zusammen das Friesenberghaus bauten.
Natürlich wurden beide Sektionen in den 30er Jahren verboten, das Friesenberghaus von der Wehrmacht beschlagnahmt. Nach dem Krieg ging die Hütte an die Sektion Berlin, die aber erst 2003 das ganze Haus renovieren konnte. Die Hütte wurde dann auch „zu einer internationalen Begegnungsstätte gegen Intoleranz und Hass“.*
Weil der Tag so heiß und so toll war, gönne ich mir noch einen Hütten-Luxus: eine heiße Dusche. 15 Liter heißes Wasser kosten 3,50 Euro und sind mehr als genug zum Haare waschen und den Schweiß-Sonnenmilch-Mix abspülen, wie neugeboren sitze ich später in der Stube, bei Spinatknödeln und meinem üblichen Weißbier.
Auch die Nacht ist erholsam. Niemand schnarcht, niemand macht das Fenster zu, und alle stehen ungefähr zur gleichen Zeit auf, ohne die anderen zu nerven.
Tag 2 im Zillertal: auf den Hohen Riffler und hinunter zum Schlageisspeicher
Beim Sonnenaufgang am nächsten Tag ist am Himmel keine Wolke zu sehen. Aufgrund der erwarteten Hitze gibt es schon um halb 7 Frühstück im Friesenberghaus, eine halbe Stunde später machen wir uns als erste auf den Weg zum Hohen Riffler. Schon bald gesellt sich der erste Frühaufsteher aus dem Tal dazu. Der Weg geht sofort bergauf aber mäßig steil, über einen schmalen Wiesenweg.
Unterhalb des Peterköpfels erreicht man einen Sattel mit einer bizarren Steinmännchen-Landschaft – in der seltsamerweise auch eine alte Milchkanne steht! Ab hier wird der Weg schwieriger und anspruchsvoller. Zum Teil sehr steil, zum Teil ausgesetzt, einige Schneefelder und vor allem: weglos. In der Ansammlung von riesigen, großen und mittelgroßen Felsblöcken sieht man zwar rotweiße Markierungen, den Weg zwischen ihnen muss man sich aber selber suchen.
Ein Hinweis zur Ausrüstung: Helme sind nicht notwendig. Was die Schneefelder angeht, sollte man sich unbedingt vorher informieren – ich hatte vorher auf der Hütte angerufen und mir sagen lassen, dass man keine Steigeisen benötigt. Wanderstöcke kann man eigentlich unten lassen, denn:
Immer mal wieder muss man sich an den großen Blöcken festhalten, Berichte in Wanderführern sprechen öfter davon, dass man über die Blöcke „tanzen“ soll. Zum entspannt tänzeln ist es aber viel zu steil, und an einigen ist der Grat so schmal, dass man lieber ganz konzentriert jeden Schritt angeht.
Schließlich, nach 2 3/4 Stunden, eine kleine Senke, ein letztes Schneefeld, und ein paar letzte relativ entspannte Höhenmeter, und wir stehen auf dem Gipfel, ein Gipfel mit viel Platz für Gipfelkreuz und viele begeisterte Bergsteigerinnen und Bergsteiger. Zunächst aber haben sich nur 4 oder 5 einen sonnigen Platz gesucht und genießen die unbeschreiblich tolle Aussicht. Bis zur Zugspitze nach Bayern, bis nach Südtirol hinein, hinüber zu den anderen Zillertaler Spitzen, den schneebedeckten Tiroler Nachbarn, und unmittelbar gegenüber Schrammacher und Olperer.
Nach all den steilen Stellen kann man es sich auf dem Gipfel wirklich gemütlich machen und sich Zeit für Gipfelfotos nehmen.
Erfahrene Bergsteiger*innen können den Hohen Riffler durchaus hinunter „tanzen“ – trittsicher sein, Gleichgewicht behalten, dann ist man flott wieder unten. Ich habe mir eher wieder mehr Zeit gelassen, um sichere Tritte zu finden im weglosen Gelände, nicht zu stürzen und lieber zwischendurch noch einmal durchzuatmen und immer wieder die Aussicht zu genießen.
Und dann sind wir wieder am Friesenberghaus, Sonne und Hitze sorgen für eine volle Terrasse und wir finden Platz am Tisch unserer Gipfel-Bekanntschaften. Spagetti werden am Friesenberghaus in Monster-Portionen serviert, nichts schmeckt besser als Spezi und Skiwasser an solchen Tagen.
Den Plan über die Olperer Hütte abzusteigen lassen wir fallen und nehmen den direkten Weg zum Schlegeisspeicher. Es ist größtenteils ein einfacher Wiesenweg, an Kühen vorbei und Bächen, durch schweißtreibende Latschen und oft mit herrlichem Blick zum Schlegeisspeicher. Insgesamt zieht es sich sehr, zermürbend nach dem tollen Gipfel und dem herrlichen Zustieg am Tag vorher.
Am Stausee angekommen schocken erst einmal die vielen Menschen – aber die Beliebtheit dieses Ortes ist durchaus verständlich, wenn man sich den türkis leuchtenden See (auf 1.782m) und das strahlendweiße Schlegeiskees dahinter betrachtet.
Und dann kommt das letzte Schmankerl dieser Tour! Ein Geheimtipp sozusagen. Man könnte jetzt den Bus zu unserem Auto hinunter nehmen. Er fährt ca. 20 Minuten von der Haltestelle Kaseleralm zum Schlegeisspeicher, Fahrradmitnahme je nach Platz im Bus, oder 1 Std. vom Bahnhof Mayrhofen aus.
Oder man macht sich am ersten Tag die Mühe, fährt schon mal mit dem Auto über die Mautstraße (12 Euro) zum Stausee und versteckt: zwei Mountainbikes im Gebüsch! Das kostet am ersten Tag zwar Geld und Zeit, aber der Genuss am zweiten Tag, etwa 10 Kilometer bergab zu sausen, ist es wert.
Die meisten Zeit fährt man auf der Straße, auch durch zwei kurze Tunnel. Den Bereich des langen Tunnels umfährt man aber auf einem relativ einfachen Trail und einem Schotterweg. Viel zu schnell kommt man wieder am Auto an. Und wundert sich ein wenig über die Kletterer, die schon wieder im Schatten vor ihren Autos hocken und Nudeln auf dem kleinen Gaskocher zubereiten…
Alle Höhenangaben aus der Kompass Wanderkarte 37 Zillertaler Alpen, Tuxer Alpen.
Datum der Tour: 24. und 25. August 2016
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Website Friesenberghaus
*Mehr Infos und weiterführende Links zum Friesenberghaus bei Wikipedia.
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Herausgeberin des Gipfelglück Blogs – seit 2011 eine Sammlung von persönlichen Erfahrungen beim Wandern, Bergsteigen, Radlfahren und Reisen, im Chiemgau, in den Alpen, weltweit.
Mit einer Vorliebe für Höhenmeter, Kuchen, Kaffee, Bücher, Yoga und Weit-Weg-Unterwegs-Sein.
6 Kommentare
Danke für den ausführlichen Bericht und die guten Fotos! Bei uns in DK heisst der fast höchste Berg ‚Himmelberg,ca.160m.Servus.
Dafür sind bei dir wohl die Strände schöner als in Österreich ;-) Viele Grüße!
Guter Artikel mit guten Fotos. Schade nur, dass man die Bilder nicht anklicken und vergrößern kann.
Gruß
Alex
Ich muss eh demnächst einige technische Probleme beseitigen, dann werde ich mir das überlegen. Viele Grüße!
Hallo Stefanie,
Wirklich gelungener Artikel. Bei den tollen Bildern, bekomm ich echt Fernweh nach den Alpen. Mein Urlaub vor einem Jahr in Grindelwald im Schatten von Jungfrau, Mönch und Eiger war einfach zu grandios. Aber ich darf mich auch nicht beschweren, bin zur Zeit in den Rocky Mountains unterwegs.
Das nennt man dann wohl Luxus-Problem :) Viele Grüße.