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Virtuell (Ski-) Wandern (16) mit Sabrina und Christian

von Stefanie Dehler
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Am Gipfel Großer Wieselstein 2315m im Tennengebirge
Am Gipfel Großer Wieselstein 2315m im Tennengebirge

Die Interview Gäste in der 16. Folge von Virtuell Wandern haben heute Ski dabei und nehmen uns mit auf den Großglockner! Die beiden Alpinisten Sabrina und Christian haben meine Fragen beantwortet und werden mit ihren großartigen Bildern sicher auch euch begeistern – und inspirieren:

 

1.) Stellt euch bitte kurz den Gipfelglück Lesern vor, damit jeder weiß, mit wem ich heute virtuell (ski)wandere.

Wir sind Sabrina Schulze und Christian Wurzer, eine deutsch-österreichische Kombination, die sich dem Bergsport in einigen Facetten widmet.

Ich, also Sabrina, bin knapp 30 Jahre jung und komme gebürtig aus dem Flachland Düsseldorf und habe vor sechs Jahren den Weg nach Österreich gefunden. Christian ist knapp 38 Jahre jung und trat dann vor fünf Jahren in mein Leben und gemeinsam verbringen wir seitdem jegliche freie Minute in den Bergen. Meine Leidenschaft für das Schreiben war es auch, warum wir unseren Blog begonnen haben und unsere Leserschaft an unseren kleinen und großen Bergabenteuern teilhaben lassen.

Christian ist ausgebildeter Bergretter und ich bin administrativ für die Bergrettung tätig. Außerdem sind wir beide sehr aktiv für unsere Sektion des Österreichischen Alpenvereins. Hauptberuflich gehen wir aber „nur“ Bürojobs nach, relativ unspektakulär. Aber ein ausgeprägtes Freizeitleben, muss ja auch finanziert werden.

Der Großglockner bei Sonnenaufgang
Der Großglockner bei Sonnenaufgang

2.) Das Thema ist heute eine spezielle Art wandern, nämlich mit Ski an den Füßen auf einen Gipfel. Warum ist das für euch so toll?

Wie viel Zeit habt Ihr denn heute für unsere Ausführungen? Zum Thema Skitouren gehen, können wir nämlich tagelang erzählen.

Also ganz grundsätzlich ist es eine sehr reine Form des Bergsteigens, sich aus eigener Kraft Gipfeln zu nähern im Winter. Mit den Ski aufzusteigen, es sind Felle darunter befestigt, die das Rutschen verhindern, ist anstrengend und sehr ausdauernd. Es ist sicherlich eine der anstrengendsten Sportarten in den Bergen und genau deshalb gefällt uns das so gut.

Wir erreichen Gipfel im Winter, die für viele nicht erreichbar sind, weil sie fernab von Liftstationen oder anderen „bequemen“ Fortbewegungsmitteln sind. Für uns zählt der Aufstieg mehr als die Abfahrt, die Schwierigkeit mehr als leicht zu erklimmende Gipfel und je einsamer sie ist, umso schöner empfinden wir eine Skitour. Natürlich müssen wir uns auch sehr viel mit der Umgebung auseinandersetzen, uns mit Lawinenlageberichten beschäftigen und vor Ort beurteilen, wie weit wir gehen können, oder eben auch nicht. Daher ist auch eine gewisse Grunderfahrung-/ und kenntnis unerlässlich, um sich sicher mit Ski im Gelände zu bewegen.

Eine besonders schöne Disziplin sind aber die Skihochtouren, wenn wir mit Ski auf 3000er steigen oder sogar auf 4000er in den Alpen, dann vergessen wir alles um uns herum und sind ganz bei der Sache, die wir gerade tun. Urlaubsfeeling und Nervenkitzel an nur einem Tag gleichzeitig.

Auf dem Weg zum Großen Wieselstein im Tennengebirge
Auf dem Weg zum Großen Wieselstein im Tennengebirge

3) Auf welche virtuelle Schnee-Tour nehmt ihr mich und die Leser heute mit?

Unsere absolute Lieblingsskitour ist die auf Österreichs höchsten Berg, auf den Großglockner (3798m), weil diese Skitour alles des klassischen Alpinismus bietet.

Über den Gletscher mit Ski gehen, über eine steile Flanke mit Ski aufsteigen, dann mit Steigeisen eine Rinne hinaufklettern und zuletzt über einen schmalen Grat zum Gipfel. Bisher haben wir die Skitour immer an einem Tag bewältigt, weniger konditionsstarke Leute, können es aber auch ganz wunderbar mit einer Übernachtung auf der Stüdlhütte kombinieren.

Christian am Ködnitzkees bei Sonnenaufgang.
Christian am Ködnitzkees bei Sonnenaufgang.

Gestartet sind wir am Luckner-Haus in Kals in Osttirol gegen 04:00 in der Früh und die Spur führt leicht ansteigend in Richtung Luckner-Hütte. Als wir diese erreichten, begann auch schon die Morgendämmerung und der Großglockner zeigte sich das erste Mal im Sonnenlicht. Man geht dann über das Ködnitzkees, das große Gletscherbecken unterhalb des Glockners. Von dort würde es im Sinne des Aufstiegs links zur Stüdlhütte gehen oder eben rechts zum Klettersteig, der auf die Adlersruhe (Hütte) führt.

Die Querung im steilen Ködnitzkees
Die Querung im steilen Ködnitzkees

Wir konnten bis jetzt jedes Mal komplett über das Ködnitzkees aufsteigen. Das ist vor allem im oberen Bereich des Kees eine knifflige Sache, weil man hier sehr steil queren muss und eine saubere Skitechnik beherrschen sollte. Ausrutschen würde sicherlich sehr schmerzvoll werden und mitunter auch tödlich, sollte man in eine der Spalten rutschen. Bis zum Einstieg des Glocknerleitls stiegen wir mit Ski auf.

Am Skidepot, also der Platz an dem man die Ski zurücklässt und auf Steigeisen wechselt, kamen wir am frühen Morgen an. Es ist Silvester und bis jetzt sind wir, bis auf einen Bergführer mit zwei Gästen, die einzigen am Berg. Das ist der Vorteil, wenn die Hütten noch nicht offen sind.

Die letzten Meter zum Skidepot am Glocknerleitl
Die letzten Meter zum Skidepot am Glocknerleitl

Das Glocknerleitl ist eine steile Rinne, über die man zum Kleinglockner gelangt. Wenn man am Kleinglockner ankommt, dann beschleicht uns jedes Mal ein schaurig, schönes Gefühl, gleich am höchsten Berg Österreichs zu stehen. Der Grat führt über den Kleinglockner, dann ein kurzes Stück wieder runter zur Pallavicini-Rinne und nach einem Stück von ca. 2,5m Länge und nur knapp 30cm Breite im Winter, auf der anderen Seite dann in leichter Kletterei hinauf auf den Gipfel des Großgklockners.

Am Gipfel des Großglockner
Am Gipfel des Großglockner auf 3.798m

Unbeschreiblich schön ist es jedes Mal dort oben. Jeder, der mal dort oben stand, wird wissen wovon wir reden, man kann es kaum in Worte fassen.

4) Bei Skitouren denkt man gleich mal an Lawinengefahr, wie plant ihr eure Touren? Welche Tipps könnt ihr Anfängern geben?

Das ist in der Tat eine ganz schwierig zu beantwortende Frage. Vor allem momentan haben wir das Gefühl, steckt das Wort Lawine in aller Munde, weil auch die Medien sich sehr auf das Thema stürzen. Grundsätzlich ist es essentiell sich mit dem Lawinenlagebericht und der tatsächlichen Situation vor Ort auseinanderzusetzen.

Anfängern können wir nur raten, nicht ohne erfahrene Begleiter auf Tour zu gehen, solange man sich nicht selbst ausreichend mit der Beurteilung einer Lawinensituation auskennt. Natürlich bleibt bis zum Schluss auch immer ein Restrisiko, dass man eingehen muss oder eben auch nicht. Denn selbst die besten und erfahrensten Bergsteiger können sich irren, weil wir hier über Naturgewalten reden.

Allerdings gibt es inzwischen wirklich professionelle Möglichkeiten, das Risiko auf ein minimalstes zu reduzieren. Wir müssen uns auch regelmäßig mit Anfragen auseinandersetzen, warum wir wann, welche Tour gegangen sind. Es ist und bleibt eben auch ein sehr großes Stück Eigenverantwortung, wenn man sich in den Bergen bewegt.

Wir persönlich nutzen weder Lawinenairbag noch sonst irgendwelche Ausrüstungsgegenstände, die das Risiko eines tödlichen Ausgangs innerhalb der Lawine verringern sollen. Aber natürlich gehört die Grundausstattung wie Pieps, Schaufel und Sonde immer in das Tourengepäck, ohne Ausnahme.

Wer sich an die Thematik wagen möchte, dem raten wir in jedem Fall einen der zahlreichen Schnupper- und Anfängerkurse vorab zu absolvieren. Es ist auch keine Schande, sich professionelle Hilfe zu nehmen – wir treffen immer wieder auf völlig überforderte Personen am Berg, die die Situation völlig unterschätzt haben und nicht weiter wissen.

Auf dem Weg zum Großglockner: der Grat am Kleinglockner
Auf dem Weg zum Großglockner: der Grat am Kleinglockner

5) Zeit für eine Pause, wie verbringt ihr die am liebsten?

Wir machen kaum Pausen während unserer Tour.

Das ist vielleicht eine Macke von uns, aber für uns beginnt die Entspannung erst, wenn wir wieder gesund vom Berg runter sind. Vor allem im Winter laden die wenigsten Gipfel auf Grund von Wind oder Kälte wirklich zu Pausen ein. Aber natürlich lassen wir uns an einem sonnigen Tag am Gipfel auch etwas Zeit, machen Bilder und ziehen uns um. Den einen oder anderen Riegel essen wir auch.

Auf dem Weg zur Fineilspitze 3514m
Auf dem Weg zur Fineilspitze 3514m

Skitouren im Frühjahr verlangen unbedingt auch ein frühes Loskommen und am besten noch eine Abfahrt vor der Mittagszeit, auf Grund der Tageserwärmung steigt oftmals auch die Lawinengefahr und zu lange Pausen am Gipfel sind nicht immer förderlich. Wenn wir nur auf kürzeren Touren unterwegs sind, dann lassen wir uns auch oft Zeit. Aber egal ob Skihochtour oder eine kurze Tour auf den Hausberg, danach kehren wir immer in einem Lokal der heimischen Gastronomie mit allen ein.

6) Wenn Zeit und Geld, Schwierigkeit und Lawinengefahr keine Rolle spielen, wo möchtet ihr gerne mal eine Skitour machen?

Oh, als nächstes werden wir uns einen Wunsch im Mai erfüllen. Da geht es mit unseren Skitourenski in das Berner Oberland in der Schweiz auf die Finsteraarhornhütte. Von dort aus, wollen wir dann das Finsteraarhorn (4274m) mit den Ski besteigen. Dieser Berg ist zeitgleich auch der höchste Berg der Berner Alpen und schaut einfach atemberaubend aus.

Am Gipfel Pik Razdelnaya 6148m Pamir Gebirge Kirgisistan
Am Gipfel Pik Razdelnaya 6148m Pamir Gebirge Kirgisistan

Und dann schwirrt uns nach unserer Expedition zum Pik Lenin (7134m) im Pamir-Gebirge in Kirgisistan 2014 noch immer die Idee im Kopf herum, eine kleine Auszeit zu nehmen und mit unseren Ski noch einmal in diese Gegend zu fliegen und dort den Pik Lenin noch mal zu probieren, dieses Mal eben mit Ski. 2014 mussten wir den Gipfel leider auf Grund von einer Schlechtwetterfront aufgeben. Und als weiteren Traum würden wir dann gerne auch noch den Muztagh Ata (7546m) in diese kleine Auszeit integrieren. Da wären wir dann schon rund zwei Monate unterwegs. Vielleicht schon 2017?

Herzlichen Dank an Sabrina und Christian für das Interview – allen, denen das gefallen hat, kann ich folgende Plattformen empfehlen um mehr von den beiden zu lesen und zu sehen:

Auf Facebook: www.facebook.com/WUSA-ON-THE-MOUNTAIN
Auf der Website: www.wusaonthemountain.at
Auf Instagram: @wusaonthemountain.at
Auf Twitter: @wusamountain

Im Glocknerleitl ist stapfen angesagt
Im Glocknerleitl ist stapfen angesagt

Alle Virtuell-Wandern-Interviews:

Folge 16 mit Sabrina und Christian "skiwandern"
Folge 14 mit Tamina Kallert und ihrem WDR-Fernsehteam über die Alpen
Folge 13 mit Michaela und Johannes auf die höchsten Gipfel aller europäischen Länder
Folge 12 mit Wibke in der Eifel
Folge 11 minimalistisch unterwegs mit Christof
Folge 10 mit Claudia auf dem Jakobsweg
Folge 9 mit Alix auf nahe und ferne Berge
Folge 8 mit Claudia durch die Lüfte
Folge 7 mit Robert in Südtirol
Folge 6 mit Bettina in Kroatien
Folge 5 mit Zwerg am Berg in Südtirol
Folge 4 mit Hendrik in Finnland
Folge 3 mit den Luftschubsern in den Chiemgauer Alpen
Folge 2 mit Jens auf den Halden rund um Dortmund
Folge 1 mit Rebecca zur Aiplspitz

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Kennst du das schon?

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1 Kommentar

Sabrina 4. März 2016 - 07:44

Liebe Stefanie,

vielen lieben Dank noch einmal für Deine Zeit und das wirklich nette Interview. Danke dass Du uns so viel Platz gegeben hast!

Bis bald mal, Sabrina

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