Dieser Erfahrungsbericht vom Hüttenwochenende in Kärnten zeigt, wie viele Überraschungen man erleben kann, wenn man einfach ein Bett in der Hütte bucht, die spontan noch zwei Schlafplätze frei hat. Schnee im Juli verdarb uns zwar den Gipfel, die Reißeckgruppe am Rand des Nationalpark Hohe Tauern ist aber so wild, einsam, rauh und ein „Lost Place“, wie ich es mitten in Österreich nie erwartet hätte.
Zum trüben Wetter passten sowohl die verlassenen Eisenbahnschienen als auch die gemütliche warme Zandlacher Hütte, wo die Hüttenwirte alles Grau draußen vergessen lassen. Dazu das Vergnügen eines relativ leichten Klettersteigs am Rande eines Wasserfalls, da ist sogar mir das Wetter egal!
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Die Highlights vom Hüttenwochenende in Kärnten in der Reißeckgruppe
Die Reißeckgruppe in Kärnten ist eine wilde, einsame Berggegend. Das trübe Wetter bei diesem Hüttenwochenende hat diesen Eindruck vermutlich noch bestärkt. Die Zandlacher Hütte, Teil eines kleinen Almdorfs im Riekental, ist zwar gut besucht, was aber vor allem mit Gastfreundlichkeit der Wirtsleute zu tun hat.
Auf dem Weg zum Wasserfall, im Klettersteig, am weiten Hochplateau des Unteren Moosbodens waren fast keine Menschen unterwegs. Noch höher, im Bereich von Stausee, Werksbahn und ehemaligem Berghotel, kommt man sich vor wie an einem „Lost Place“ – nur die gut sichtbaren Wegmarkierungen lassen annehmen, dass öfter einmal Wandersleute vorbei kommen.
Die Reißeckgruppe befindet sich am südöstlichen Rand des Nationalpark Hohe Tauern nahe dem Ankogel, zwischen Spittal an der Drau und Mallnitz gelegen. Namensgeber ist das Reißeck mit 2.965 m Höhe – natürlich wollte ich gerne dort hinauf, aber ehrlich gesagt nicht bei Neuschnee an einem grauen Juli-Tag.
Warum dieses kleine Hüttenwochenende in Kärnten dennoch ein Highlight meines Sommers war, erfährst du hier.
Klettersteig am Wasserfall in der Reisseck Gruppe
Am Talschluss des Riekentals rauscht und spritzt es gewaltig – der Rieken Wasserfall stürzt fast 400 m herunter. Egal wie viele Wasserfälle man schon gesehen hat, es ist doch immer wieder faszinierend, wie an einer Stelle so viel Wasser so viel Kraft ausstrahlt – und es einfach nicht aufhört!
Links des Wasserfalls zieht sich ein einfacher Klettersteig entlang, rund 400 Höhenmeter, die wir gut ohne Klettersteig Ausrüstung aufsteigen. Der Wasserfall ist ein ganzes Stück entfernt, er tost laut und unaufhörlich, aber man wird nicht nass. Der Weg, die Leitern und Seile sind allerdings teilweise feucht und glitschig und schlammig. Zum Teil ist der Weg sehr ausgesetzt und es wäre keine gute Idee hier auszurutschen und den Hang hinunter zu stürzen. Eine gewisse Bergerfahrung ist hier auf jeden Fall nötig.
Wichtig: wenn du wenig Erfahrung mit Klettersteigen hast, nimm evtl Klettersteig Ausrüstung mit, oder wähle den Weg auf der anderen Talseite. Mittendrin umdrehen wäre keine gute Idee, weil du dann wieder alles abklettern müsstest. Wenn du erfahren bist, dann viel Spaß, der Klettersteig Abschnitt ist eins meiner Highlights in der Reisseck Gruppe in Kärnten.
Lost Place Reisseck Gruppe
Der Riekenbach sammelt zahlreiche Bäche ein auf dem grünen Hochplateau namens Unterer Moosboden, bevor sie gemeinsam als Wasserfall ins Tal hinunterstürzen. Die Wiesen sind feucht, mehrere Bäche sind aber gut zu überqueren, wenn man die richtigen Stellen findet. Es blüht überall, Murmeltiere pfeifen, das Wasser gluckst vor sich hin, nur andere Menschen sind keine zu sehen.
Erst gemütlich, dann immer steiler führt der Weg auf eine Geländekante zu, Richtung Hochalm Stausee und Reißeck Hütte (Alpenvereinshütte), wie uns zwei Leute erklären, die plötzlich doch vorbeikommen, mit großem Hütten- und Klettersteig Gepäck. Wir stoppen an einem seltsamen Ort, einem richtigen “Lost Place”. Bizarre Bahnschienen führen scheinbar ins Nichts. Verlassene Hütten stehen hier, funktionell, nicht gemütlich.
Im Hintergrund erahnen wir den Stausee, daneben den Reißeck Gipfel (2.965 m), Reste von Neuschnee sind noch zu erkennen. Rund um die Zwenberger Scharte (siehe den Linktipp unten) Nebelschwaden und tief hängende Wolken. Welch einsamer, wilder, seltsamer Ort.
Wir ziehen Mützen und warme Jacken an, suchen uns einen windgeschützten Platz an einer Hütte. Zur Brotzeit lesen wir uns gegenseitig Online Artikel über den Hintergrund dieses Ortes vor:
Abstieg ins Riekental über den “Viehtrieb”-Steig
Für den Abstieg wollen wir nicht über den Klettersteig gehen sondern den uns als einfach angepriesenen „Viehtrieb“. Wir nehmen den gleichen Weg durch die Bach- und Blumenwiesen bis zum Wasserfall und wenden uns dann nach links. Auf der Karte ist der Weg deutlich zu erkennen, immer die gleiche Höhenlinie entlang, dann ein senkrechter Abzweig hinunter ins Tal.
Für das Blockgelände ist sicher eine gewisse alpine Erfahrung sinnvoll, aber es ist nicht so schwierig wie etwa der Klettersteig. Das Wandern entlang einer Höhenlinie ist wie immer bei solchen Wegen vor allem: Wunschdenken. Es geht kontinuierlich auf und ab. Man sieht durch die Bäume nicht, wo der Weg lang führt, wo er letztendlich ins Tal abknicken wird. Und Hochachtung vor allen Kühen und Schafen, die über diesen Steig zu höher gelegenen Weiden klettern und zurück.
Nach all der grauen, trüben Stimmung des Tages ist der Viehtrieb vor allem mental anstrengend, das Ziel nicht in Sicht, immer wieder bergauf und bergab. Was mich in diesen Stunden aufmuntert und antreibt, ist die gemütliche Zandlacher Hütte, mit den herzlichen Menschen, dem Kaffeeduft, dem warmen Ofen.
Und wahrhaftig. Als wir am späten Nachmittag die Hütte erreichen, ist innerhalb von Minuten aller Trübsinn vergessen. Nicht nur Liebe geht durch den Magen.
Hüttenwochenende in Kärnten: Übernachten auf der Zandlacher Hütte (1.527 m)
Die gemütliche Zandlacher Hütte ist das Gegenstück zum rauhen nebelumwobenen Lost Place 800 m höher. Betritt man die Hütte, steht man direkt in der kleinen Küche mit einem riesigen Holzherd. Daneben ein Tisch mit Eckbank, für die Gäste der “beste Tisch”, für die Wirtsleute stetige Ablenkung.
Durch die Küche gelangt man in die Stube, von dort über eine steile Treppe zu unserem Doppelzimmer und zu einem Lager-Schlafraum. In einem Nebengebäude sind eine Toilette, ein winziger Waschraum zum Zähneputzen und darüber ein weiteres Zimmer.
Wer in der Zandlacher Hütte schläft, darf mit dem Auto bis zur Hütte fahren. Tagesgäste bleiben ein Stück unterhalb auf dem Parkplatz stehen, wo übrigens ein Geocache versteckt ist, der nur alle paar Jahre einmal gefunden wird…
Die “Straße” zur Zandlacher Hütte ist übrigens nichts für schwache Nerven. Jede Menge Serpentinen, unübersichtlich im Wald oder viel zu übersichtlich direkt am steilen Hang. Teilweise asphaltiert, teilweise Schotter, und ich habe 10 km und 900 hm nur gehofft, dass uns kein anderes Auto entgegen kommt (was am Heimweg dann natürliche passierte, aber glücklicherweise an einer Stelle, wo es ok war…)
Eine Hütte ist immer das, was die Wirtsleute daraus machen, und was im nächsten Jahr sein wird, steht (leider) noch in den Sternen. Zum Zeitpunkt meines Besuchs auf der Zandlacher Hütte hatten die Wirtsleute noch nicht entschieden, ob sie den Pachtvertrag noch einmal verlängern. Jeder mag einmal in Rente gehen, aber jahrzehntelange Verbundenheit mit einer Hütte lässt sich nicht so leicht abschütteln.
Deshalb kann ich nur von Glück reden, dass wir zufällig und spontan einen Schlafplatz auf der Zandlacher Hütte bekommen haben im Sommer 2020. Der Besuch wird auf jeden Fall in Erinnerung bleiben!
Datum der Tour: im Juli 2020
Alle Höhenangaben aus der Kompass Wanderkarte 50 Nationalpark Hohe Tauern (das hier beschriebene Gebiet liegt allerdings außerhalb des Nationalparks). Hier kannst du die Wanderkarte bei Amazon bestellen* oder hol sie dir in deiner Lieblings-Buchhandlung.
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Die Reißeck Gruppe intensiv: der Reißeck Höhenweg bei Gert im Gipfelrast Blog
Herausgeberin des Gipfelglück Blogs – seit 2011 eine Sammlung von persönlichen Erfahrungen beim Wandern, Bergsteigen, Radlfahren und Reisen, im Chiemgau, in den Alpen, weltweit.
Mit einer Vorliebe für Höhenmeter, Kuchen, Kaffee, Bücher, Yoga und Weit-Weg-Unterwegs-Sein.
2 Kommentare
Bin gerade zufällig auf deinen Erfahrungsbericht gestoßen. Ich habe mit meinen Eltern früher ein paar Jahre lang den Sommerurlaub in der Hütte neben den Wirtsleuten verbracht. Ist schon etwa fünfundzwanzig Jahre her. Seitdem war ich mal mit meinem Bruder am Stausee oben. Wir haben damals das Auto am Ende der asphaltierten Straße stehen gelassen und sind das halbe Tal rein marschiert, über den Klettersteig rauf zum Stausee und über den Viehtrieb wieder zurück zum Auto. Einmal bin ich von der Volksschule in Kolbnitz aus zu den Wirtsleuten rauf gejoggt und einmal bin ich mit dem Rad von der Volksschule bis zum Wasserfall gefahren. Für mich ist der Aufenthalt dort vor allem wegen der schönen Kindheitserinnerungen immer wieder etwas ganz Besonderes. Wobei ich auch nie vergessen werde, dass mein Bruder damals mit etwa 5 Jahren beinahe am Klettersteig abgestürzt wäre. Er ist über mehrere Serpentinen gerollt und an der letzten hängen geblieben, bevor es weit runter gegangen wäre.
Oh wow, das sind Erinnerungen, die man nicht vergisst :-)