Die Pyramidenspitze 1997 m ist nur einer von vielen Zacken des mächtigen Massivs des Zahmen Kaisers. Wild und gewaltig schaut es aus, vom Inntal aus oder von der Chiemgauer Seite, undurchdringlich, unüberwindabr. Bist du erst einmal unterwegs, von Durchholzen aus durch das Winkelkar, öffnet sich vor deinen Füßen ein überraschend einfacher, abwechslungsreicher Weg mit einigen schönen Klettersteig-Passagen. Steil und anstrengend, aber viel wilder als man es bei der Nähe zur „Zivilisation“ vermuten würde.
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Vor einigen Jahren hatte ich schon einmal im Winter einen Versuch gestartet, mit Schneeschuhen zur Pyramidenspitze zu gelangen, von Kufstein aus über die Vorderkaiserfeldenhütte. Ein zu später Start und frühes Dunkelwerden zwangen uns damals zum Umkehren. Hier gibt es den Bericht zum Nachlesen.
Im Sommer durch das Winkelkar kommt man an keiner Hütte zum Einkehren oder Übernachten vorbei, aber es bleibt lange hell und man kann sich Zeit nehmen für die 1.300 Höhenmeter. In meinem Fall 3,5 Stunden.

Noch ein Tipp vorweg – ich empfehle einen Steinschlaghelm mitzunehmen und ca nach 900 Hm auch zu anzuziehen. Es sind manchmal viele Berggeher*innen im Winkelkar unterwegs, die Steine lostreten können. Ein Helm schützt zwar nicht deine Finger aber immerhin deinen Kopf! Wenn du bergerfahren bist, wirst du kein Klettersteig-Set benötigen. Bei Unsicherheit und wenig Erfahrung mit Klettersteigen: Gurt und Set mitnehmen!

Bergtour zur Pyramidenspitze: Von Durchholzen ins Winkelkar
Parken am Parkplatz in Durchholzen kostet derzeit 3 Euro. Das Tolle an dem Parkplatz (auf ca 750 m gelegen): es gibt einen Trinkwasser-Brunnen, am Ende der Tour kann man sich so toll Gesicht und Hände waschen und so viel trinken, wie in den ausgetrockneten erschöpften Körper reinpasst.
Die Tour beginnt mit mäßiger Steigung auf einer Asphaltstraße, lange Zeit liegt der Weg im Schatten, sofern man rechtzeitig in Durchholzen startet. Eine Viertelstunde später entdeckt man winzige Walderdbeeren am Wegesrand und Kühe mitten auf dem Weg, der Asphalt ist zu Ende.

Quer durch Almwiesen leitet einen der ausgetretene Weg immer Richtung Süden, der Zahme Kaiser steht wie eine Wand vor einem. Weder ist die Pyramidenspitze eindeutig als Gipfel zu erkennen noch kann man einem deutlichen Weg mit den Augen folgen. Selbst am Wegweiser gibt es nur einen handgekritzelten Hinweis, dass man richtig ist zur Pyramidenspitze.

Aber wie ich schon kürzlich in den 10 Juli Tipps philosophiert habe: manchmal ist das so im Leben, dass man einfach Losgehen muss. Anfangen. Machen. Dann tut sich der Weg vor deinen Füßen auf und du erreichst dein Ziel viel einfacher als geglaubt.

Am “Ufer eines steinernen Flusses” entlang geht es weiter bergauf und nach einer Stunde Gehzeit seit dem Parkplatz erreichen wir die Winkelalm auf ca 1.200 m. Dies ist eine private Selbstversorgerhütte in traumhafter Lage. Der Schatten ist vorbei, die Sommersonne knallt jetzt herunter. Gefühlt sind wir dem Gipfel noch kein bisschen näher gekommen, auch von Klettersteig war noch nichts zu sehen.

Dies ändert aber bald: einige steile Serpentinen hinter der Winkelalm lassen wir das Alm-Grün hinter uns und begeben uns ins fast farblose Steingrau des Winkelkars. Ein Hoch auf bunte Rucksäcke und bunte Kleidung, so lässt sich an den Vorausgehenden der weitere Weg erahnen.

Bergtour zur Pyramidenspitze: über den Winkelkar Klettersteig zum Gipfel
Am letzten grünen Fleck ziehen wir die Helme an und starten zu den letzten 400 Höhenmetern. Wir haben jetzt Geröll unter den Füßen anstatt Gras, aber eigentlich macht die Tour jetzt erst richtig Spaß!


So unüberwindlich das Winkelkar auf den ersten Blick auch aussieht, ein Weg schlängelt sich eindeutig nach oben und wir folgen ihm einfach. Immer wieder hängt ein Stahlseil am Fels und gibt einem Halt und Sicherheit. Es ist aber alles andere als durchgehend, kein wirklicher Klettersteig, den man sich entlang hangelt.

Konzentriert sollte man auf jeden Fall sein, um nicht abzurutschen, umzuknicken oder Steine nach unten zu stoßen. Zwischendurch ist mal ein größerer Schritt nötig, ab und zu ist der Pfad sehr schmal und ausgesetzt, flache Abschnitte lassen dich mal durchatmen. Vom Gipfelkreuz ist übrigens sehr lange nichts zu sehen.


Man gelangt zu einem kleinen Sattel, kraxelt durch Latschen und erblickt dann wenigstens schon mal die Leiter – ich hatte mir vorher sagen lassen, dass es von der Leiter nicht mehr weit sei zum Gipfel, dass der Ausstieg aus der Leiter aber noch mal eine unbequeme Schlüsselstelle sei.

Der Blick nach unten übrigens – gigantisch! Plötzlich sieht man auch, warum man so verschwitzt und geschafft ist, welche Höhe man überwunden hat und wie die Sonne dort hinein knallt.
Der Fuß der Leiter ist erreicht, der Einstieg auch bequem. Ein Klettersteig-Set würde dem Kopf vielleicht Sicherheit geben – aber viel helfen würde es bei einem Sturz nicht! Deswegen – konzentrieren, auch wenn man schon über drei Stunden unterwegs ist. Festhalten, Schritt für Schritt, eine Sprosse nach der anderen. Und dann ist auch das Ende erreicht, der Ausstieg aus der Leiter doch halb so wild, und beim Blick nach rechts erspäht man endlich das erste Stückchen vom Gipfelkreuz der Pyramidenspitze.

Minuten später ist das Gipfelplateau erreicht – und irgendwie bin ich enttäuscht. Es ist so unspektakulär. Viele Leute sitzen hier, der Gipfel der Pyramidenspitze ist eine weite grasige Fläche, gemütlich windet sich der Weg herauf, der von der Vorderkaiserfeldenalm zum Gipfelkreuz kommt.

Allerdings, wenn ich aber ehrlich zu mir bin, ist Enttäuschung fehl am Platz. Ist es nicht viel mehr so, dass es schön ist, die Beine auszustrecken? Den wahrlich gigantischen Ausblick in alle Richtungen zu genießen? Der Kopf darf entspannen, denn der Weg zurück runter ins Winkelkar hat durchaus auch seine Tücken, wenn man wie ich nicht gerne bergab klettert.

Wenn man im Tal am Zahmen Kaiser unterwegs ist, am Walchsee, in Kufstein, zwischen Inntal und Chiemgau, bekommt man selten einen Eindruck von Wildnis oder Abgeschiedenheit. Doch von oben schaut die Welt ganz anders aus. Richtig wild im Winkelkar, Gipfel wohin das Auge auch blickt, grüne Wiesen und nur ab und zu ein paar Häuser und Straßen.

Bergtour zur Pyramidenspitze: Abstieg durch das Winkelkar nach Durchholzen
Insgesamt gilt für mich persönlich aber – die Pyramidenspitze ist nicht mein Lieblingsgipfel, ein Fall von “Der Weg ist das Ziel”. Der Weg ist wunderbar abwechslungsreich, mit einigen spannenden Kletterstellen, die richtig Spaß machen.

Zwar muss ich mich auch bergab sehr konzentrieren, aber alle Klettersteig-Passagen sind gut zu gehen. Im Abstieg ist es noch voller, ich bin froh über meinen Helm und hoffe, niemand wird hier von fallenden Steinen getroffen.


Am Ende des Winkelkars wechselt die Farbpalette wieder von steingrau zu grasgrün. Es wird heiß und zäh, es zieht sich… An der Winkelalm, etwas abseits des Wegs, steht ein kleiner Brunnen. Die Kühe sind anderweitig beschäftigt und so nutze ich die Möglichkeit zum Trinken und Schweiß Wegwischen, zum Energie Sammeln für das letzte Stück Weg – das nun auch viel weniger Schatten bietet als noch am Morgen.

Zurück am Parkplatz geht es erneut zum Brunnen. Klares kaltes Wasser ist das beste, was dir nach so einer Tour passieren kann. Außer einem Eis vielleicht, oder einem Stück Kuchen? Auf der Tour durchs Winkelkar auf die Pyramidenspitze gibt es keine Einkehrmöglichkeit, aber man ist in Durchholzen und am Walchsee ja zurück in der Zivilisation.

Alle Höhenangabe aus der Kompass Karte 09 Kufstein, Walchsee, St. Johann in Tirol. Hier kannst du die Karte bei Amazon bestellen*.
Datum der Tour: 20. Juli 2019


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Herausgeberin des Gipfelglück Blogs – seit 2011 eine Sammlung von persönlichen Erfahrungen beim Wandern, Bergsteigen, Radlfahren und Reisen, im Chiemgau, in den Alpen, weltweit.
Mit einer Vorliebe für Höhenmeter, Kuchen, Kaffee, Bücher, Yoga und Weit-Weg-Unterwegs-Sein.