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Buchtipp: Am Berg. Bergretter über ihre dramatischsten Stunden.

von Stefanie Dehler
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Wenn man in den Bergen lebt, gehört die Bergwacht zum Alltag. Die Bergwacht-Autos fahren herum, beim Einkaufen begegnen die Leute in den auffälligen blauroten Jacken, immer wieder hörst du davon, wo jemand einen Bergunfall hatte und gerettet wurde. Oder auch nicht. Die Bergwacht Sektionen berichten immer mehr von ihren Einsätzen auf ihren Social Media Plattformen. Worauf unzählige selbsternannte Experten alles analysieren, beurteilen und verurteilen.

Ein neues Buch aus dem millemari. Verlag widmet sich den Geschichten der BergwachtlerInnen in Bayern. Es geht um Berichte aus dramatischen Situationen, sehr besonnen erzählt, aus der Sicht der Rettenden. Teils sachlich, teils auch sehr emotional und persönlich, aber nie verurteilend. Das Buch – und auch die Arbeit der Bergwacht – steht unter einem deutlichen, wichtigen Motto:

Wir sind Retter. Nicht Richter.

Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Mich hat das Buch insgesamt sehr beeindruckt, jede einzelne Geschichte spukt noch lange im Kopf herum. Vor allem die, die sich vor meiner Haustür abgespielt haben, oder an Bergen, die ich kenne.

25% des Erlöses des Buches gehen übrigens an die Bergwacht, noch ein Grund, warum ich hoffe, dass viele viele Exemplare des Buches gekauft und gelesen werden!

Werbe-Hinweis: Das Buch habe ich als Rezensionsexemplar vom Verlag erhalten. Der Artikel enthält Affiliate-Links.*

Am Berg. Menschen, die retten, Menschen, die gerettet werden.

Der Autor Thomas Käsbohrer hat 33 BergwachtlerInnen erzählen lassen, was ihre persönlichen dramatischsten Stunden waren, nicht in ihrem Job bei der Bergwacht, sondern in ihrem Ehrenamt bei der Bergwacht. Menschen in Gletscherspalten, Menschen in Lawinen, Menschen auf eigentlich einfachen Wanderwegen, abgestürzte, erschöpfte, vermisste, verletzte Menschen, Hinterbliebene, Seilschaften.

Nach jeder einzelnen Geschichte mag man eigentlich einen Tag Lesepause einlegen und über die Geschichte nachdenken. Über die Person, die gerettet wird, über die Person, die rettet, über die Umstände, den Ort in den Bergen, den man vielleicht selber gut kennt, immer kommen eigene Geschichten dabei in Gedanken vorbei geschlichen.

Andererseits sind die Geschichten so gut geschrieben, dass man auch direkt die nächste lesen möchte! Interessant ist dabei zum einen das Äußere der Rettungsaktionen, Geschichten von Hubschraubern, Lawinenhunden, Akias, Leute der Bergwacht, die selber plötzlich in Gefahr sind, die Planung von Einsätzen, das Treffen von Entscheidungen.

Zum anderen beschreiben die Berichte das Innere der RetterInnen, den Stolz und die Freude, jemanden retten zu können. Traumatisierung und Schock angesichts schlimmer Einsätze. Hilflosigkeit. Das Zu-Spät-Kommen.

Die Menschen sind immer unterschiedlich, die Situationen nie die gleichen. Aber es finden sich Ähnlichkeiten in der Entstehung der Unglücke. Kleine Fehler, Erschöpfung, Unachtsamkeiten. Falsche Einschätzung des Wetters, der Ausrüstung, dann die Verkettung von mehreren kleinen Dingen. Die erzählenden BergretterInnen versuchen zu analysieren, wie es zu einer dramatischen Situation kam, aber sie heben keinen Zeigefinger, erheben keine Vorwürfe.

Denn eins wird schnell klar: Jedem und jeder kann etwas passieren. Selbst Bergretter geraten in Gefahr und müssen sich retten lassen.

"Wir sind Retter. Nicht Richter." Klare, wichtige Worte, dem "Am Berg."-Buch vorangestellt.

„Wir sind Retter. Nicht Richter.“ Klare, wichtige Worte, dem „Am Berg.“-Buch vorangestellt.

Für die Personen im Buch scheint es selbstverständlich bei welchem Wetter auch immer auszurücken, Personen in Gefahr zu suchen und ins Tal zurück zu bringen. Sie begeben sich selber in Gefahr, in gefährliches Gelände, schwieriges Wetter, Dunkelheit. Ein vorsichtiges “Warum du schon wieder” kommt höchstens von der Familie… Ein Bergwachtler aus Traunstein hat mich beeindruckt – trotz aller Anspannung und Ernst der Lage hat er sich bei einem Hubschrauber-Flug zum Staufen noch gefreut, einen so tollen Blick auf “seine Berge” zu bekommen.

Neben den Einsatz-Berichten gibt es noch ein paar interessante Experten-Interviews, zur Meteorologie, zum Lawinenlagebericht, zum Kriseninterventionsdienst KID, zu Psychologie und Smartphones. Irritierend finde ich persönlich, dass die „Experten-Interviews“ nur mit Männern sind. Ich bin mir sicher, es gibt auch Expertinnen, die etwas zu sagen haben! Selbst bei der Bergwacht retten inzwischen Frauen und die kommen im Buch auch vor.

Fotos gibt es übrigens keine im Buch, weder von Einsätzen, noch von Menschen der Bergwacht, noch von einer heilen Bergwelt. Ein paar Zeichnungen, ansonsten aber pure eindrückliche Beschreibungen. Die Bilder entstehen schnell im Kopf der LeserInnen.

Bilder entstehen im Kopf, da braucht das Buch keine Fotos. Buchtipp "Am Berg", millemari. Verlag.

Bilder entstehen im Kopf, da braucht das Buch keine Fotos. Buchtipp „Am Berg“, millemari. Verlag.

Das Buch entstand in Zusammenarbeit mit der Bergwacht Bayern und enthält Berichte aus vielen bayerischen Alpen-Regionen vom Allgäu bis nach Berchtesgaden. 25% des Erlöses gehen an die Bergwacht, die ehrenamtlich arbeitet, so viele Risiken für andere aufnimmt und – das wird im Buch ganz deutlich – gar nicht gut genug ausgerüstet sein kann, von Hubschraubern bis zu Lawinenhunden. Dafür braucht es neben der Einsatz- und Hilfsbereitschaft: Geld.

Jede kleine Unterstützung hilft übrigens – in vielen Berghütten steht auf der Theke eine kleine Sammeldose. Mach es dir zur Gewohnheit, bei jeder Bergtour einen Euro in die Dose zu werfen. Jeder Mensch, der am Berg unterwegs unterwegs ist, kann eines Tage Hilfe brauchen. Vielleicht bist du die/ der Nächste?

Fazit zum Buch „Am Berg“

Das Lesen mag bei manchen Angst erzeugen – ohje, wie gefährlich, was so am Berg alles passieren kann…

Ich selber halte z.B. den Straßenverkehr für viel gefährlicher als am Berg unterwegs zu sein. Es ist wichtig, sich gut auf eine Tour vorzubereiten, die Strecke zu planen, die richtige Ausrüstung dabei zu haben, im Team oder der Seilschaft aufeinander aufzupassen. Ohne Leichtsinn, mit Achtsamkeit, eine Tour zu planen, die dem eigenen Können entspricht und einen nicht überfordert. Wenn wirklich etwas passiert – und es kann einfach immer etwas sein – dann ist es gut zu wissen, dass es die Menschen der Bergwacht gibt und dass sie alles dafür tun werden dich “da raus zu holen”. Das alles beschreibt das Buch sehr eindrucksvoll und lesenswert, interessante Erlebnisse von Bergen, Wandern, Berggehen, Bergsteigen, Erlebnisse vom Retten, ohne zu richten.

Infos zum Buch

Thomas Käsbohrer, Am Berg. Bergretter über ihre dramatischsten Stunden. Erschienen 2019 im millemari. Verlag. ISBN 978-3-946014-80-5. Du kannst das Buch hier bei Amazon bestellen*.

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