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Buchtipp: Höhentrekking und Höhenbergsteigen

von Stefanie Dehler
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Vorab wichtig: In diesem Artikel geht es um Höhentrekking und Höhenbergsteigen. Ich bin keine Ärztin– ich übernehme keinerlei Haftung für irgendwas, was einem Leser beim Höhentrekking geschieht. Ich beschäftige mich im Moment ein wenig mit dem Thema und versuche einen Überblick über das Thema Höhentrekking aus meiner Sicht zu geben. Wenn ihr Höhentrekking plant, lest auch das Buch, sprecht mit Ärzten, aber verlasst euch nicht allein auf diesen Artikel!

Zur Vorbereitung auf den Nepal-Urlaub im Herbst gehört für mich auch die Beschäftigung mit dem Thema Höhenkrankheiten bzw Höhenverträglichkeit & Medizin & korrektes Verhalten beim Höhentrekking. In Peru war ich vor einigen Jahren schon einmal bis auf 4.550 m wandern (ohne dabei höhenkrank zu werden), der Thorung La Pass in Nepal auf der Annapurna Runde ist aber noch mal 900 m höher und unser Aufenthalt in höheren Höhen wird insgesamt länger sein.

Deswegen habe ich mir das Buch „Höhentrekking und Höhenbergsteigen“ intensiv angesehen. Bei mir wird es keine 8.000er Expedition, wir schlafen in Lodges nicht in Zelten und haben zudem einen Guide dabei, die Etappenlängen (und damit die tägliche Höhengewinnung) sind genau vorausgeplant. Also alles relativ überschaubar, und deswegen habe ich bei manch medizinischer Passage im Buch gar nicht erst versucht es zu verstehen, ein Beispiel:

Bei verstärkter Atmung mit Alkalose und Linksverlagerung der SBK in der Höhe werden vergleichbare Sättigungswerte infolge verbesserter Hämoglobin-Sauerstoff-Affinität noch bei einem Abfall des p02 um die Hälfte bis auf ca 50 mmHg gewährleistet.

Verstanden?

Buchtipp HöhentrekkingFür die Annapurna-Umrundung muss man die Details nicht kapieren – vorbereiten auf die Höhe ist dagegen schon wichtig. Beim Lesen wird einem nach einer Weile schon etwas mulmig, was alles passieren kann und wie schnell; man fragt sich, ob das eigene Herz, die Atmungsorgane, die Kondition mitmachen werden. Nebenbei schreibt der Autor aber irgendwo, dass der Straßenverkehr die größte Gefahr darstellt, und das beruhigt – auch in München kann man vom Bus überfahren werden…

 

Über den Autor

Klaus Mees ist Professor am Klinikum Großhadern der LMU in München und hat sich u.a. auf Höhenmedizin spezialisiert. Er ist bei Expeditionen dabei, war auf mehreren 8000ern und untersucht vor Ort auch Bergsteiger zwecks Früherkennung. Klingt sehr glaubwürdig und praxisnah! Im Buch beschreibt er konkret, was wichtig beim Trekking in großen Höhen ist, und das meistens sehr verständlich.

 

Vorbereitung zu Hause

Man kann leider vorher nicht herausfinden, ob man große Höhen gut verträgt, man muss es vor Ort testen. Man kann in einer Höhenkammer trainieren (was ich am Samstag testweise bei Globetrotter machen werde) und ansonsten: Kondition verbessern, ganz klassisch laufen, schwimmen, radfahren. Zur Vorbereitung gehören natürlich auch Impfungen, die je nach Trekkinggebiet (Anden, Afrika, Himalaya) unterschiedlich notwendig sind, das Buch gibt dazu einen knappen Überblick.

 

Medizinisches

Ausgelöst werden alle Höhenprobleme durch den immer niedriger werdenden Luftdruck und Sauerstoffgehalt in der Luft je höher man steigt. Der Körper wird weniger mit Sauerstoff versorgt, die Hirndurchblutung ändert sich, die Funktionen des Körpers müssen sich anpassen, das Herz muss mehr „arbeiten“ also geht der Puls hoch, die Atmung wird schneller, und das Ergebnis sind Kopfweh, Übelkeit, Bewusstseinsstörungen bis hin zu tödlicher Höhenkrankheit.

Der menschliche Körper ist durchaus in der Lage sich an große Höhen anpassen und mit weniger Sauerstoff zu funktionieren, man muss ihm nur Zeit lassen dafür!

 

Verschiedene Höhenbereiche

Keine Schwierigkeiten machen den meisten Menschen Höhen bis 2.500 m, hier passen sich Herz, Atmung und Kreislauf sofort an. Zwischen 2.500m und 5.300m ist langsame Akklimatisierung möglich und auch notwendig – Vorsicht bei Seilbahnfahrten z.B. am Teide auf Teneriffa oder am Kleinen Matterhorn, hier kann es dem Körper zu schnell gehen. Meist aber ist es auch an diesen Orten gut verträglich, wenn der Aufenthalt so weit oben nur kurz ist und man bald wieder ins Tal zurückkehrt. Ganz gefährlich sind Jeep-Fahrten z.B. ins Everest Basiscamp, dabei kann sich der Körper nicht gut an die Höhe anpassen und man wird zwangsläufig schlimm krank.

In Höhen über 5.300m ist eine vollständige Akklimatisation nicht mehr möglich, man kann sich hier nur zeitlich befristet aufhalten, muss sehr vorsichtig sein und Höhenkrankheiten sind oft lebensbedrohlich.

 

Wie läuft eine gute Höhenanpassung?

  • Langsam aufsteigen. Zunächst bis auf etwa 2.500m und von dort täglich nicht mehr als 300 bis 600 Hm.
  • Höher steigen als man später schläft. Nach der Ankunft am Etappenziel Gepäck ablegen, noch ein Stück höher gehen und wieder zurück nach unten kommen.
  • Puls beobachten.
  • Bei Anzeichen von Höhenkrankheit: absteigen!
  • Auf die Mitwanderer achten!
  • Nur aufsteigen, wenn man gesund ist und sich gut fühlt.
  • Trinken!
  • Möglichst schnell wieder absteigen!

Diese Punkte werden im Buch auf S. 118 zusammengefasst und im ganzen Buch im Detail erklärt, mit Skizzen, Fotos, Expeditionsberichten, Erklärungen. Worauf auch besonders hingewiesen wird: immer auch schon an den Abstieg denken! Zum Vergleich wird ein Marathonläufer genannt, der völlig erschöpft über die Ziellinie kriechen kann. Auf einem hohen Berg ist es fatal, total verausgabt anzukommen- man muss immer auch wieder runter…

 

Wie lange dauert die Höhenanpassung?

Die Akklimatisation bis 4.000 m dauert etwa 1 Woche, bis 5.000 m etwa 2 Wochen. Diese Zeit braucht der Körper um sich anzupassen und die Höhentoleranz zu verbessern. Bis 7.000 m sollte man übrigens 4 Wochen rechnen, für einen „kleinen Achttausender“ 6 Wochen, für den Everest 7 bis 8 Wochen. Ein schneller Wochenend-Ausflug auf einen Viertausender in den Alpen birgt auf jeden Fall Risiken, deren man sich bewusst sein sollte! Und: bei jedem Menschen dauert die Anpassung unterschiedlich lange, die Angaben hier sind lediglich Richtwerte.

Husten hat jeder Höhenbergsteiger, ausgelöst durch abnehmenden Atmosphärendruck. Besonders schlimm ist er nachts und sorgt auch noch dafür, dass man nicht schlafen kann. Es kommt zu Sinnesstörungen – Bier schmeckt plötzlich nicht mehr nach Bier, Schweißfüße stinken aber immer noch.

Um was es noch geht in dem Buch: korrektes Rucksack-packen, essen und trinken, Durchfall und Malaria, und ein ganzes Kapitel über spezielle Höhen-Probleme von Frauen: vom Pinkeln im Klettergurt bis hin zur Menstruation, homonelle Verhütungsmittel, bergsteigen während der Schwangerschaft uvm.

 

Höhenanpassung Annapurna Umrundung

Die Tour, die ich im Oktober mache, ist im Buch häufig als Beispiel genannt, es ist eine Wanderung, die ich selber als „Himalaya für Anfänger“ bezeichne. Wenn man bei der Annapurna Umrundung alles richtig macht, also langsam aufsteigt, kurze Etappen wählt und die anderen Punkte oben beachtet, ist das Risiko zu erkranken relativ gering. Im Buch wird aber von Leuten berichtet, die zu wenig Zeit haben – oder sich zu wenig Zeit nehmen! – deswegen weite Strecken fliegen oder mit dem Jeep fahren und dann massive Probleme am Thorung La Pass bekommen. Passend dazu habe ich in den letzten Tagen auch mit jemanden gesprochen, der die Annapurna Runde mit dem MTB gemacht hat. Er hat erzählt, wie viele Leute am Start der Thorung La Etappe viel zu schnell losgewandert sind und sich bald sehr schlecht gefühlt haben. Ich hoffe sehr, dass ich diese ganze Theorie in Nepal im Oktober dann auch umsetzen werde. Der erste Schritt ist sicher, das Risiko zu kennen, der zweite Schritt aber, die Regeln auch wirklich umzusetzen… Ich werde berichten!

 

FAZIT

Höhenanpassung ist ein (über) lebenswichtiges Thema, mit dem sich jeder beschäftigen sollte, der sich länger in Höhen über 2.500m aufhält und aktiv ist. Ob man alle medizinischen Details aus dem Buch braucht – ich denke nein, man muss vor allem wissen wie man sich zu verhalten hat. Aber es gibt ja durchaus auch Leute, die sich für solch medizinische Prozesse interessieren. Besonders vor längeren Touren lohnt es sich auf jeden Fall, das Buch „durchzuarbeiten“ um sich mit der Problematik zu beschäftigen und sich darauf einzustellen. Die Sprache ist größtenteils gut verständlich, die schweren Passagen kann man überblättern.

Das Buch „Höhentrekking und Höhenbergsteigen“ wurde mir vom Bruckmann Verlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt, ihr könnt es direkt auf der Website des Verlags bestellen.

Klaus Mees, Höhentrekking und Höhenbergsteigen, 192 Seiten, ca 120 Abbildungen, 16,5 x 23,5 cm, Broschur mit Fadenheftung, ISBN 978-3-7654-5493-6, erschienen November 2010

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