Gamsknogl und Zwiesel sind zwei Gipfel am östlichen Ende der Chiemgauer Berge. Das Besondere an ihnen ist der Grat, der sie verbindet. Ein herrlicher Weg für geübte Berggeher mit einigen kleinen Kletterstellen, der in Verbindung mit Kohleralm und Forsthaus Adlgaß zu einer grandiosen Bergtour mit über 1000 Hm wird.
Teile dieser Tour hatte ich vor Jahren einmal in Begleitung von 400 anderen Wanderern erlebt – bei meinen ersten 24 Stunden von Bayern. Da machten wir Mittagspause auf der Kohleralm und kämpften mitten in der Nacht im Forsthaus Adlgaß mit Müdigkeit und Motivation. Meine Tour im Mai war sehr viel einsamer, was nur an drohenden Gewittern am Nachmittag gelegen haben kann, denn die Gratwanderung vom Gamsknogl zum Zwiesel ist ein wahres Zuckerl unter den Bergtouren in Bayern.
Wir starteten früh, trödelten kaum und brachen ins Tal auf, als die Wolken bedrohlicher wurden. Weil dann doch kein Gewitter kam, blieben wir einfach länger im Forsthaus sitzen…
Zum Start der Tour empfiehlt sich der kostenlose Parkplatz in Einsiedl, einem Ortsteil von Inzell. Mit Kirche, Bauernhof und See eine Bayern-Idylle wie aus dem Bilderbuch. Der Weg geht schon bald in den Wald hinein und aufwärts – bis zur Kohleralm 650 Hm Serpentinen.
Zum Teil ist unser Weg als SalzAlpenTour gekennzeichnet.
Auf der Kohleralm gönnen wir uns nicht mehr als ein paar Schlucke Wasser aus dem Brunnen, was eigentlich eine Schande ist. Blumensträußchen stehen auf den Tischen, die Sonne scheint warm auf die Bänke, das Gras leuchtet grün und saftig, ist bereit für die Kühe, die ein paar Tage später herauf kommen werden, wie uns die Hüttenwirte erzählen. Leute wie ich müssen hier eigentlich Kuchen-Pause machen. Wenn da die Gewitter-Warnung für den Nachmittag nicht wäre…
Von der Kohleralm aus sieht man außerdem schon den Weg hinauf zum Gamsknogl. Der Pfad führt jetzt nicht mehr durch den Wald sondern in der Sonne, immer mit dem Panoramablick, den wir seit der Kohleralm genießen.
Unser Pfad von der Kohleralm zum Gamsknogl Gipfel ist steil, hat ein paar Kraxelstellen für uns parat, ein paar Leitern sowie seilgesicherte Stellen, an denen ein Seil gar nicht notwendig wäre… Gutes Übungsgelände für (noch) mehr Trittsicherheit, wobei ich froh bin, dass es so schön trocken ist.
Ein Seil, das man nicht braucht…
Und rund 45 min nach Verlassen der Kohleralm stehen wir am Gipfel des Gamsknogl. 4 oder 5 andere Berggeher genießen hier bereits, im Gras sitzend, die Ruhe, Sonne und Aussicht.
Erfahrene, schwindelfreie und trittsichere Wanderer werden ihre Freude an der folgenden Gratüberschreitung zum Zwiesel haben, dessen Gipfelkreuz man vom Gamsknogl bereits sieht. Der Weg ist zwar rot/ mittelschwer markiert, hat aber ein paar knackige Stellen, bei denen man nicht ängstlich sein darf. Wie gesagt: mit Bergerfahrung ein Genuss!
Von weitem ist ein Weg gar nicht erkennbar, nur ein schmaler Grat, Fels und Latschen. Es geht erst einmal bergab, ausgesetzt natürlich, aber der Pfad ist gut zu gehen, konzentrieren sollte man sich, nicht stolpern und zum Fotografieren und Filmen besser stehen bleiben.
Ab und an gibt es mal eine Kletterstelle, nicht schwer, und selbst für Leute wie mich, die nicht gerne bergab klettern, gut zu meistern. Nur die Kamera habe ich irgendwann eingepackt, damit sie mir nicht vor dem Körper baumelnd gegen den Fels knallt. Nach einer Weile geht es dann eben und dann wieder bergauf, der Zwiesel ist 30m höher als der Gamsknogl.
Im Blick zurück sieht der Grat noch spektakulärer aus als er eigentlich ist. Und abgesehen von ersten drohenden Wolken haben wir einen perfekten Tag erwischt, sonnig, warm, trockenes Gelände, mit blauem Himmel und durftenden Latschen, nur wenig andere Wanderer unterwegs. Es zieht sich teilweise etwas, immer noch eine Kurve um zwei Latschen und der Gipfel des Zwiesel scheint einfach nicht näher zu kommen.
Nach rund einer Stunde sind wir am Zwiesel angekommen. Die Wolken gefallen mir gar nicht, deswegen wird es nur eine kurze Pause. Wir gehen nicht einmal die paar Meter rüber zum Zennokopf, auch dort steht ein Gipfelkreuz, von wo man einen tollen Blick auf Bad Reichenhall hat. Der Zwiesel steht gegenüber von Predigtstuhl, Hochschlegel und Lattengebirge – auch hier war ich schon einmal, bei der 12-Stunden-Schneeschuh-Tour rund um Berchtesgaden.
Vorsichtig aber zügig gehen wir ein Stück den Grat zurück Richtung Gamsknogl und biegen dann rechts auf den Steig ab. Hier liegt zu Beginn noch Schnee, die Spur ist aber fest und gut sichtbar, auch hier kann man sagen, mit Bergerfahrung gar kein Problem.
Der Steig ist teils steil, teils entspannt, immer hat man den Frillensee unten im Tal im Blick. Es kommen uns Wanderer aus dem Tal entgegen, die wohl weder Wetterbericht gehört noch Wolken angesehen haben. Wir erreichen den Wald, hier ist es immerhin geschützt, wenn der Regen losgeht (und die Bäume sollten inzwischen mehr Blätterdach haben als auf der Bocklweg-Radtour).
Ein langes Stück flacher Forstweg und wir betreten ein weiteres Mal eine Seite Bayern-Bilderbuch, endlich trifft man wieder mampfende Kühe auf Wanderungen. Sie weiden vor dem Forsthaus Adlgaß, die menschlichen Gäste lassen sich Kaffee und Kuchen schmecken. Idylle. Als wir uns dem Zaun nähern, fällt mir ein – auch hier waren wir damals bei den 24 Stunden von Bayern 2012. Mitten in der Nacht! Schon damals fand ich es toll, jetzt genieße ich es total, hier die geniale Bergtour (fast) abschließen zu können, bei Rhabarberkuchen und einem Bier. Mysteriöserweise gibt es kein Foto, ich muss also noch mal hin, zum Forsthaus, und die Fotos nachholen.
Anschließend noch ein Stück die Straße entlang, in den Wald abbiegen, gemächlich dahin spazieren. Als wir über einen Wiesenweg schließlich nach7 Stunden wieder Einsiedl erreichen… hat uns weder Regen noch Gewitter erreicht. So ist das manchmal. Und lieber so als unvorsichtig ins Donnerwetter geraten.
Datum der Tour: 29. Mai 2016
Alle Höhenangaben aus der Kompass Wanderkarte Berchtesgadener Land Chiemgauer Berge.
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Herausgeberin des Gipfelglück Blogs – seit 2011 eine Sammlung von persönlichen Erfahrungen beim Wandern, Bergsteigen, Radlfahren und Reisen, im Chiemgau, in den Alpen, weltweit.
Mit einer Vorliebe für Höhenmeter, Kuchen, Kaffee, Bücher, Yoga und Weit-Weg-Unterwegs-Sein.
4 Kommentare
Hey Steffi,
eine super schöne Wanderung hast du da gemacht! Wären die Wochenenden doch gerade nur nicht so verregnet… :( Hoffen wir mal auf einen schönen Juli!
Liebe Grüße
Rebecca
…oder ein schönes Juni-Ende, sieht ja gut aus gerade :-)
Viele Grüße!
Das stimmt – Daumen drücken! :)
Hi Stefanie. Auch ich war damals bei den 24 Stunden von Bayern dabei! Ein wirklich schöne Runde hast du da vorgestellt die ich unbedingt mal gehen muss! Danke!