Der Bockl-Radweg in der Oberpfalz ist Alternativprogramm. Wenn das Wetter südlich der Donau mal zu schlecht ist, die Schneelage wenig wanderfreundlich, der Wunsch nach Aktivität aber groß. Also steigt man in München samt Radl in den Zug, fährt die 2 1/2 Stunden bis Weiden in der Oberpfalz, steigt dort aufs Radl um und genießt eine entspannte 60 Kilometer Tour (größtenteils) auf einer alten Bahntrasse.
Bahntrassen-Radwege gibt es in Bayern inzwischen so viele, dass der Berg Verlag sogar ein Buch dazu veröffentlicht hat – dieses stelle ich euch in einem separaten Artikel hier vor.
Fahrrad Mitnahme in der Bahn geht besser als man denkt, zum Bayern Ticket (ab 23 Euro) kauft man ein Tages-Fahrrad-Ticket für 5 Euro dazu. In der S- und U-Bahn gibt es unter der Woche Sperrzeiten im Berufsverkehr, die Tram gestattet gar keine Fahrrad-Mitnahme. Im ALEX nach Weiden gibt es Fahrradabteile, mit Gurten um die Räder während der Fahrt zu befestigen. Rolltreppen kommt man gut hoch und runter, MTBs sind meist auch leicht genug um sie zu tragen. Bleiben die Mitfahrer in der Bahn, die mal mehr mal weniger rücksichtsvoll und mal mehr mal weniger hilfsbereit sind.
Wie zu erwarten bin ich froh, als wir in Weiden endlich aus dem Zug aussteigen. Wir radeln den „Zum Hauptwegweiser“-Schildern zum Waldnaab Radweg nach und erreichen schon bald einen ruhigen Radweg mit Bach, Bäumen und Rapsfelden.
Bockl-Radweg Neustadt an der Waldnaab bis Pleystein
Der eigentliche Bockl-Radweg beginnt dann am Bahnhof von Neustadt an der Waldnaab. Vorher kann man (das ist der Vorteil vom Fahrrad) noch eine Runde durch Neustadt drehen und dem Storch Guten Tag sagen. Ja, Störche gibt’s nicht nur an der Nordseeküste.
Ab dem Bahnhof fahren wir dann auf dem Bockl-Radweg – für den zum Start 2005 ein wirklich hübsches Logo entworfen wurde! Mit „Bockl“ bezeichnet man übrigens eine regionale kleine Bahnstrecke. Der Weg ist bestens ausgeschildert, obwohl man meistens den Weg eh nicht verfehlen kann. Dieser Radweg ist übrigens der längste Bahntrassen Radweg Bayerns.
Der Radweg ist größtenteils asphaltiert, der Weg hat prozentual gesehen wenig Steigung oder Gefälle, aber man merkt es doch, das andauernde bergauf fahren wie auch die wohlverdienten Abfahrten danach.
Am Wegesrand erinnert immer wieder Eisenbahn-”Deko” an die Bahnstrecke, die 1995 stillgelegt wurde.
Die Radler-Einkehr in Floß kommt viel zu früh, wir sind ja zum Radlfahren da. Nach dem Fotostopp gehts direkt weiter.
Über den Feldern, mal grauer Weizen, mal knallgelber Raps, sehen wir Regenwolken über die Oberpfalz hinweg ziehen. Und irgendwann erwischt es uns. Der Regen ist so stark, dass wir absteigen und unter Bäumen Schutz suchen – und dabei schnell feststellen, dass Bäume im Mai noch lang nicht genug Blätter haben, um sich wirklich unterstellen zu können. Alles trieft und tropft, aber es ist offensichtlich, dass der Schauer ein Schauer ist und flott vorbeizieht.
Wir behalten recht und als wir mit Vohenstrauß einen der größeren Orte am Bockl-Radweg erreichen, ist es wieder warm und sonnig. Wir radeln durch den Ort, an Rathaus, Schloss und Mittelalter-Laden vorbei bis zu einer Bäckerei am Ortsrand, wo wir eine Pause machen und die Karte studieren.
Durch den Regen haben wir Zeit verloren. Für den Rückweg müssen wir den einzigen Radler-Bus erreichen, der um 17 Uhr ab Eslarn fährt, oder etwas später ab Moosbach. Sicher wäre es toll noch bis zum Ende des Bockl-Radweg an der tschechischen Grenze zu radeln, aber wir müssten stark Tempo machen, mit der Gemütlichkeit der Tour wäre es vorbei.
Unser Plan B ist also, den Bus in Moosbach anzupeilen, unterwegs Zeit für Fotostopps zu haben und auf jeden Fall noch Pleystein zu besuchen.
Die größten Steigungen haben wir hinter uns, der Bockl-Radweg geht jetzt vor allem bergab. Das Wetter? Sonnig, als wäre nie etwas anderes gewesen.
Bocklradweg Pleystein bis Moosbach
Pleystein ist ein faszinierendes Dörfchen. Der Ort wurde um einen gewaltigen Felsen herum gebaut, auf dem die Kreuzbergkirche thront. Aus Zeitknappheit verzichten wir auf die Besichtigung, kurz die Häuser der königstreuen Oberpfälzer fotografieren, dafür muss Zeit sein.
Bei Lohma überqueren wir die Autobahn A6 nach Prag und verlassen dann den offiziellen Radweg, über Schilder und Apps suchen wir uns den Weg über Isgier nach Moosbach. Der hält noch mal ein paar knackige Steigungen für uns parat, und ein paar schöne Abfahrten, Fotos machen wir keine mehr, zu sehr sitzt uns die Uhr im Nacken, bloß nicht den Bus verpassen. Sogar an der Gebhardsreuther Schleife im Pfreimdtal müssen wir ohne anhalten vorbeifahren, hier wurde mit Hilfe der Wasserkraft Glas geschliffen um Spiegel herzustellen. Eine wichtige Industrie war das einst in diesem Teil der Oberpfalz.
Wir erreichen die Bushaltestelle in Moosbach 10 min vor Abfahrt des Busses… Er ist fast leer, Mitte Mai muss man wohl nicht reservieren. Er hat einen Anhänger dabei, auf dem unsere Räder festgezurrt werden. Und in aller Ruhe lassen wir uns vom Busfahrer nach Weiden zurückbringen – im Radio laufen die letzten Minuten der Bundesligasaison.
Wir kommen an unseren besuchten Orten vorbei – dem Bäcker in Vohenstrauß, unserem Unterstellplatz in Albersrieth, an der Chips-Fabrik, den Rapsfeldern.
Das kalte graue Wetter aus dem Süden ist inzwischen in Weiden in der Oberpfalz angekommen. Fröstelnd fahren wir eine Runde durch die hübsche Innenstadt, nehmen spontan 2 Pizzen mit, verspeisen diese im Zug, der uns Richtung richtig-schlechtes Wetter bringt.
Laut Radlführer “Bahntrassenradeln in Bayern” sind die Bahntrassen geeignete Radwege für Eisenbahnliebhaber oder Familien mit Kindern. Ich würde hinzufügen – sie sind auch eine Alternative, wenn man bei mäßig-gutem Wetter was draußen machen will. Und Weiden in der Oberpfalz lässt sich gerade so noch mit dem Bayernticket an einem Tag bereisen.
Praktischer wäre es, die Fahrzeiten der Busse würden besser auf die Züge abgestimmt. Etwa, um morgens zuerst mit dem Bus nach Eslarn zu fahren um dann gemütlich, ohne großen Zeitdruck auf dem Bockl-Radweg nach Weiden in der Oberpfalz zu radeln. Im Radlführer wird die Strecke auch in der Gegenrichtung beschrieben, mit mehr Zeit und Flexibilität als bei einem Tagesausflug sicher eine gute Idee.
Einen Bericht zu dieser Radtour in der Oberpfalz könnt ihr auch in Tonis Berg und Ball Blog lesen.
Datum der Tour: 14. Mai 2016
Mehr Infos
Reservierung für den Radl-Bus: 0180 1726934 bzw. 0961 4816825 beim NWN Kundenbüro Weiden oder 09653 1600 bei Omnibus Wolf
Websites: www.bocklweg.de und www.bocklradweg.de
Mehr Gipfelglück-Fahrrad-Berichte
Herausgeberin des Gipfelglück Blogs – seit 2011 eine Sammlung von persönlichen Erfahrungen beim Wandern, Bergsteigen, Radlfahren und Reisen, im Chiemgau, in den Alpen, weltweit.
Mit einer Vorliebe für Höhenmeter, Kuchen, Kaffee, Bücher, Yoga und Weit-Weg-Unterwegs-Sein.