Mit drei Zielen bin ich dieses Jahr in die legendären 24 Stunden von Bayern gestartet. Nachdem es letztes Jahr schon fantastisch war, wollte ich dieses Jahr noch folgendes drauflegen:
- komplett wandern und in keinen Shuttlebus steigen
- eine zusätzliche „Vital-“ oder „Fitnessrunde“ wandern
- ein lachendes Gesicht beim Zielfoto machen
Fangen wir hinten an:
Und das Lachen fiel gar nicht schwer, morgens um halb 6 am Sonntag in Füssen im Allgäu. Keine Blasen dieses Mal, ich war bester Laune, konnte Rumhüpfen wie das Rumpelstilzchen, auf der Ziellinie wurde uns schon ein Glas Sekt in die Hand gedrückt – die ganze Veranstaltung war einfach toll. Vieles ähnlich, viele anders als 2012, aber wieder ein großer Spaß und ein tolles Gefühl, dabei gewesen zu sein.
Denn auch Ziel 1 war kein Problem. Wir starteten am Samstag um 8 Uhr zwar in strömendem Regen, doch seit Steve sein „Bei gutem Wetter kanns jeder“ erfunden hat, hilft dieses Mantra (zusammen mit der Erinnerung an zuletzt durchgestandene Regentouren) wirklich, ohne großes Jammern loszulaufen. Bei 24 Stunden Regen wäre das ganze mit Sicherheit anders ausgegangen, aber das Wetter wurde von Stunde zu Stunde besser und der Regen war bald vergessen.
Was mir auffiel: die Gespräche mit Mitwanderern drehten sich ganz oft um die früheren 24 Stunden-Veranstaltungen. Die „Neuen“ fragten die Wiederholer und die verglichen und erzählten bereitwillig von den letzten Jahren. Der Start in Inzell 2012 am Eisstadion war ja außerhalb des Ortes, ein wenig abseits. Der Start in Füssen schon eher zentral und die ersten Meter verliefen quer durch die Innenstadt – und die Blaskapelle spielte alle Regentropfen weg und weckte erst einmal den ganzen Ort auf. Prompt zeigten sich an vielen Fenstern neugierige Zuschauer, die anderen schimpften wohl leise in ihre Kopfkissen hinein ;-)
Auf der Tagesstrecke der 24 Stunden von Bayern
Relativ weit vorne starten hieß die einzige Taktik von Dshami und mir, nur nicht in Staugefahr geraten (Ziel 2 in Gefahr!). Und so ging es quer durch Füssen in Richtung Schwangau. Zunächst flach zum Einlaufen, bald in den Wald und den ersten kleinen Berg hinauf.
Und gleich auf der anderen Seite durch triefnassen Wald wieder hinab und hinein in den Schlosshof von Schloss Hohenschwangau. Erste Anzeichen dafür, dass wir im Reich des König Ludwig unterwegs sind, und im Reich von Millionen von Touristen aus allen Ländern dieser Welt, die mit leuchtenden Augen am Ziel ihrer Träume angelangt sind.
Der Regen hatte sich nun in 100% Luftfeuchtigkeit verwandelt und wir suppten uns durch den Nebel den ziemlich steilen Hang des Tegelbergs hinauf. Zwischendurch noch ein Arbeitseinsatz- wer Brücken baut, kann auch Wald aufforsten, Weißtannen für den Schutzengelweg!
Bald waren die 900 Höhenmeter auf den Tegelberg geschafft, statt Aussicht gabs Mittagessen und eine knieschonende Gondelfahrt bergab, nächstes Etappenziel: die tolle Pöllatschlucht, die Marienbrücke, Neuschwanstein.
Durch die Touristenmassen schlängeln, am Alpsee vorbei in den Wald, sehr angenehm zu gehen und kaum noch Leute um einen rum! Unser Weg führte über den gerade erst eröffneten Baumkronenweg…
…am Lechfall vorbei…
…zurück nach Füssen. Endlich mal sitzen beim Abendessen, Klamotten wechseln, massieren lassen, Stirnlampe einpacken, Handy aufladen und immer wieder auf die Uhr schauen, denn zum Start der Nachtrunde mussten wir wirklich pünktlich sein.
Auf der Nachtrunde der 24 Stunden von Bayern
Am Forggensee wurde es – für meinen Geschmack – erst mal etwas kitschig, Musical-Sissi und Musical-Ludwig stand auf dem Schiffsdeck, sangen Musical-Lieder und fuhren dann winkend mit dem Schiff über den See davon… Als wir Wanderer dann aber an Bord der “Allgäu” und der “Füssen” über den Forggensee fuhren, war das wirklich schön. Auch das ist Naturerlebnis- weiches Abendlicht, die letzten Sonnenstrahlen brachten Neuschwanschein zum Glitzern, der Tegelberg gar nicht mehr im Nebel versteckt…
Am andern Ufer spielte schon wieder Blasmusik für uns, über Wiesen am See entlang ging es dann zu einem wahren Highlight für alle Fotografen – 100% perfektes Timing, wir werden wohl nie wieder so einfach einen Goaßlschnalzer im Sonnenuntergang sehen können! Man könnte den Herrn auch für einen verrückten Angler halten ;-)
Nicht weit entfernt feierten die Dorfbewohner an ihrem Sonnwendfeuer, es gab Bananen, wir kramten die Stirnlampen aus den Rucksäcken und weil es offiziell ja “nur” Wasser zu trinken gab, hat eine Zuschauerin unsere Trinkbecher einfach noch mit ein wenig Sekt nachgefüllt.
Der Mond leuchtete die ganze Nacht über so hell und klar, dass wir fast durchgehend ohne Stirnlampe wanderten. Kein Wunder, dass König Ludwig so gern in der Nacht unterwegs war! Die Allgäuer Berge als zackige Schatten im Süden, ein paar Lichter von Häusern, ab und an schrie ein Käuzchen. Für Ludwig muss sich das exakt gleiche Bild geboten haben damals! Außer, dass da keine 500 Leute in der Nacht herumgewandert sind natürlich.
Regen war weit und breit nicht mehr in Sicht, die Temperaturen waren angenehm zum Gehen, leichtes Merinoshirt und dünne Handschuhe haben genügt. Schon gegen 2 Uhr etwa waren wir am Ufer des Hopfensees angelangt. Asphalt statt Wildnis, nur noch 10 km bis Füssen – ich war ganz ehrlich etwas enttäuscht, auch wenn es verrückt klingt. Nur noch um den See und fertig? Mir taten weder Füße noch Rücken weh, ich war nicht müde, wo war die Qual und das durch-die-Nacht-kämpfen, allein im Dunkeln, im Nirgendwo? Das Besondere an den 24 Stunden ist doch eigentlich das Laufen durch die Nacht, das Warten auf den Sonnenaufgang. Die Nacht war 2012 anstrengender und schmerzhafter für mich, aber unvergesslich ist die Einkehr in diesem Forsthaus gegen 4 Uhr und das Weiterschleichen danach… Dieses Jahr setzen wir uns eine Weile auf eine Bank am Hopfensee, gingen zum “ersten Kaffee des Tages” um 3 Uhr, dann weiter um den See mit dem Quaken der Frösche als einzigem Geräusch, tranken eine Milch, irgendwann war es hell und der Sonnenaufgang wurde dann von Wald und den Häusern von Füssen verdeckt – Sonnenaufgang am Hopfensee war bestimmt ein Traum, aber so lang rumsitzen und warten?
Aber diese Enttäuschung habe ich dann abgeschüttelt und mehr das Fit-Sein genossen und das entspannte Gehen. Hinter dem letzten Buckel warteten zwei drei lustige Gestalten mit Hexentrank und auf der Ziellinie wurde uns ein Glas Sekt in die Hand gedrückt. Ein bisschen sitzen, Zielfoto, Frühstück – und um 7 Uhr lagen wir im Bett. Müdigkeit? Ich war in dem Moment eingeschlafen, als sich Kopf und Kissen berührten…
Unterwegs: Musik und gutes Essen!
Mir scheint, jeder, der in Füssen irgendein Instrument spielen kann, saß irgendwo mit Ziehharmonika, Trommel oder Alphorn an der Strecke, auch in der Nacht, ob bei Ankunft der Schiffe in Dietringen oder an einem Lagerfeuer im Nirgendwo.
Hunger und Durst waren uns unbekannt, die Allgäuer fütterten uns mit Brot und Möhrchen, Jogurt und Bananen, Honigbrot, Mitternachtssuppe, Müsliriegeln, Heulimo, Hollerschorle, Eis, Karotten-Ingwer-Saft und im Ziel dann ein königliches Weißwurstfrühstück.
Einziges Drama: wir verpassten tatsächlich den Kuchen-Stand! Ausgerechnet mir muss so etwas passieren! Die dabei eingesparten Minuten haben wir aber sinnvoll genutzt:
Ruhm und Ehre in alle Ewigkeit
Es fehlt ja noch Ziel 2 von oben. Eine kurze Erklärung der Begrifflichkeit, es gab in diesem Jahr die Tagrunde und die Nachtrunde, also zwei Strecken mit Programm, Verpflegung und vielen Kilometern. Für die schnellen und als erste losgewanderten gab es noch 2 Extraründchen, eine Vitalrunde von 7,9 km und eine Fitnessrunde von 13,5 km, die man noch an die Tagrunde dran hängen konnte, nur wandern und sonst nichts. Nach offizieller Meldung haben ca 40 Teilnehmer die Extra-Kilometer gemacht, und JA, ICH WAR EINE DAVON! Ihr dürft weiterhin „du“ zu mir sagen, ich will auch nicht zu sehr drauf rum reiten. Nur allen Hoffnung machen, die früher auch den letzten Platz bei den Bundesjugendspielen belegt haben- aus jedem kann noch eine Heldin werden ;-)
Allerdings muss man dann auch mit Beschimpfungen und Neid auf Twitter umgehen können ;-)
Handynetz
Überhaupt, Twitter! Das Handynetz war vorbildlich, besser als in jeder anderen Wanderregion, viel besser als letztes Jahr. Zu jeder Stunde konnte ich wie erhofft auf Instagram ein Bild hochladen und zu Twitter schicken, es war immer genug Netz, auch auf dem Tegelberg. Top! Ich hing nicht ständig am Telefon, nein, ich wollte nicht und musste zudem Akku und Datenvolumen sparen, aber es war wirklich schön, immer Reaktionen auf die Bilder und virtuelles „Anfeuern“ zu bekommen, bis auf die Phase zwischen @outdoor_photo um 3.46 Uhr und @exilsteira um 6.44 Uhr. DANKE EUCH ALLEN!
Fazit
24 Stunden wandern klingt so unerreichbar – wenn man dann unterwegs ist, geht die Zeit ganz schnell rum, wenn überall freundliche Allgäuer stehen, einem Essen und Trinken reichen oder eine Laola-Welle starten. Man findet überall Gesprächspartner oder läuft mal eine halbe Stunde schweigend vor sich hin, bestaunt Seen, Berge, Wälder, denkt an den Kini und schon steht man im Ziel. Die 24 Stunden von Bayern sind kein leistungsorientiertes Kilometerfressen sondern Bayern kennen lernen, Leute kennen lernen und einen echt unvergesslichen Tag erleben!
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PS: Ich war von Bayern Tourismus eingeladen, hatte dadurch kein Kosten und musste vor allem nicht in den Lostopf und auf mein Glück hoffen. Vielen Dank dafür!!! Infos zu den 24 Stunden von Bayern gibt es auch auf der offiziellen Website und auf Facebook.
Von mir kommt wahrscheinlich noch ein zweiter Bericht, es gibt noch so viele Fotos und so viel zu erzählen… Andere Berichte findet ihr an folgenden Stellen, das Wort Vitalrunde sucht ihr dort aber vergebens gnihihi ;-)
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Update 6. August: nun steht auch der Austragungsort für die 24 Stunden von Bayern 2014 fest: es geht in den Bayerischen Wald, in die Region Ilztal und Dreiburgenland. Ich hoffe ich kann wieder mitwandern, zum einen weil die Veranstaltung so toll ist, zum anderen weil hier im Blog so gar nichts über den Bayerischen Wald zu lesen ist bisher – seit meiner Kindheit war ich nicht mehr dort… Warten wirs ab.
Mehr Infos zu den 24 Stunden von Bayern 2014 bei bayern.by.
Herausgeberin des Gipfelglück Blogs – seit 2011 eine Sammlung von persönlichen Erfahrungen beim Wandern, Bergsteigen, Radlfahren und Reisen, im Chiemgau, in den Alpen, weltweit.
Mit einer Vorliebe für Höhenmeter, Kuchen, Kaffee, Bücher, Yoga und Weit-Weg-Unterwegs-Sein.
17 Kommentare
Liebe Stefanie, Chapeau! Enough said… :-)
Danke!
Klingt fantastisch und macht Spaß zu lesen Stefanie. Glückwunsch aus dem Norden für die Leistung!
Danke !
Wow, Respekt! Ich hab deine Tour auf instagram verfolgt – du kannst echt stolz auf dich sein extrarunden-Steffi :)
:) Danke.
Herzlichen Glückwunsch zu diesem tollen Erfolg, der schönen Tour und der großen Freude, die du daran hattest. Ich hoffe sehr, dass ich nächstes Jahr auch dabei sein kann. Naja, vielleicht gilt auch hier Pech beim Los, Glück für den Gipfel ;).
Wir machen bestimmt noch ein paar schöne Gipfel dieses Jahr, ab August :)
Glückwunsch zur tollen Leistung und herzlichen Dank für den wunderschönen Bericht
liebe Grüße
Dorothee
Vielen Dank.
Glückwunsch zu dieser tolen Leistung! Kommt nächstes Jahr dann noch ein Punkt mehr dazu – ein ganzes Weissbier zum Frühstück? :-)
Danke für diesen schönen Bericht!
Hahaha, das ist ein guter Plan :-)
Das Bier am Sonntag morgen war sogar alkoholfrei, aber ich bin dran gescheitert.
[…] am Laufen!". http://42195blog.de/laufveranstaltungen/bmw-laufsport-blogger-camp-tegernsee/ Gipfelglück – Meine 24 Stunden von Bayern Stefanie Dehler hat mich mit ihrer Fitness schon auf Events beeindruckt. Da geht sie mal eben 3 […]
Ich erstarre hiermit offiziell in Ehrfurcht vor dir! Ich hätte niemals vorher gedacht, dass es überhaupt eine Strecke gibt auf der man 24 Stunden nonstop wandern kann.
Geniale Sache!
PS: Rein zum Interesse: Wie viel muss man denn normalerweise zahlen und wie hoch stehen die Chancen im ominösen Lostopf?
Wow, bisher ist noch nie jemand vor mir in Ehrfurcht erstarrt ;-)
69 Euro normal und so weit ich weiß über 1000 Leute im Lostopf – wer einmal dabei war will immer wieder und jedes Jahr kommen neue Willige dazu…
Kein Wunder… man sollte weniger drüber bloggen eigentlich.
Hallo Stefanie,
einfach wunderbar sowohl in Wort und in Bild – gut zu wissen, dass es noch Gleichgesinnte gibt.
Viele Grüße
Martin
[…] ersten Eindrücke unserer 24stündigen Tour. Die ersten Berichte sind bereits fertig: Sowohl Stefanie vom Gipfelglück-Blog als auch Stephan von Spiegel-Online berichten umfassend über Ihre Eindrücke und die Erlebnisse […]