In den Sommerferien-Monaten ist das Trainsjoch trubelig und voller Urlauber-Familien, und als Münchnerin muss ich mich schon fragen, warum ich die Tour auf diesen kleinen feinen Berg mit der großartigen Hütte und dem grandiosen Blick nicht in einem ruhigeren Monat mache.
Aber es passte halt irgendwie an diesem Juli-Sonntag, aus nicht ersichtlichen Gründen sind manche Berge an manchen Tagen einfach „richtig“ und der Vorteil von München ist ja, dass man jederzeit noch mal wieder kommen kann.
Ganz im Gegensatz zu den Urlaubern aus fernen Bundesländern, mit denen man während der Wanderung ins Gespräch kommt, die etwas zu den umliegenden Bergen wissen wollen oder zur Route, oder die einem einfach nur erzählen wollen, wie gut es Ihnen hier gefällt.
Hier, das ist genau auf der Grenze zwischen Bayern und Tirol. Von Bayrischzell kommend stellt man das Auto am Ursprungpass auf tiroler Seite ab (Parkplätze neben der Straße kostenlos, auf 836 m), der Weg zum Trainsjoch-Gipfel über die Mariandlalm ist gut ausgeschildert und nicht zu verfehlen.
Am gar nicht trockenen Trockenbach entlang führt ein breiter Forstweg durch den Wald stetig ansteigend bergauf, schon bald kann man scharf links aber auf einen kleinen Pfad abbiegen, der schnell aus dem Wald und auf herrlich grüne weite Almwiesen führt.
Kuhglockengebimmel von allen Seiten. Tapfer gehen die meisten Wanderer – nicht alle – zunächst an der Mariandlalm vorbei (1.216 m), biegen an der Tirol-Flagge links ab und müssen erst einmal mit den Almbewohnern aushandeln, wer die größeren Rechte an diesem Weg hat.
Immer noch gemütlich geht es Richtung Grat, dort in leichtem Auf und Ab immer wieder an Grenzsteinen zwischen Österreich und Deutschland hin und her…
…zu einer steinigen Rinne, die leicht empor zu kraxeln ist.
Es geht eine Weile den Grat entlang, der allerdings immer breit und nie ausgesetzt ist, von Latschen und höheren Bäumen gesäumt.
Die „Schlüsselstelle“ der Tour ist ein schmaler Absatz, der 6-7 m lang Schrittsicherheit erfordert…
…und ein paar Meter weiter, rund 2 Stunden und 900 Hm nach dem Abmarsch am Parkplatz, hat man dann auch schon den Gipfel (1.707 m) erreicht – mit einem herrlichen, undramatischen Blick. Der vor allem vom türkis leuchtenden Thiersee angezogen wird.
Von Ferne grüßen schneebedeckte hohe, nebenan grüne, latschenbewachsene Gipfel wie Hinteres Sonnwendjoch und die Veitsberggruppe mit dem Thalerjoch, Traithen, Pendling und Kaisergebirge mit dem Walchsee. Vor allem blickt man auf grüne saftige Almwiesen, an denen man sich, Käsebrot-kauend, kaum satt sehen kann. Ruhe hat man wenig, zu viele Urlauber-Familien – siehe oben.
Für den Abstieg „überschreitet“ man das kleine Trainsjoch, ein paar kiesige Kraxelstellen machen es den Urlaubern schwer, es ist aber nichts ausgesetzt oder absturzgefährdet und damit unproblematisch.
Den restlichen Weg zur Mariandlalm kann man Gas geben, im Trab über den Pfad, der laut Karte tatsächlich „Thiersee Express“ heißen soll…
An der Mariandlalm angekommen fühlt man sich trotz Gewusel einfach zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort – nämlich an einem Tisch, auf dem ein Weißbier steht und der beste Beeren-Topfen-Strudel der Welt daneben.
Die Sonne strahlt, die Kühe muhen und bimmeln, ein paar nicht-Urlauber haben sich doch eingefunden und beobachten entspannt den Trubel. Leben und leben lassen, in ein paar Wochen haben „wir“ wieder Ruhe in den Bergen und bis dahin erklären wir den einmal-im-Jahr-Wanderern mit ihren leuchtenden Augen noch mal die umliegenden Gipfel. Und halten dann im Gras ein Nickerchen.
Zum Auto nimmt man den gleichen Weg wie am Morgen, es geht flott und man braucht sich nicht allzu sehr zu konzentrieren. Für die Rückfahrt nach München kann man statt zurück nach Bayrischzell auch die Straße weiter nach Tirol hinein fahren, im Thiersee baden, am Ortsausgang von Vorderthiersee tanken und dann gleich bei Kufstein auf die Autobahn fahren. Von der Anzahl der Kilometer evtl länger, aber zu Ferienzeiten braucht man schon viel Geduld, um sich am Schliersee vorbeizuschlängeln, da mag sich der Umweg lohnen.
Alle Höhenangaben aus der Kompass Wanderkarte 8 Tegernsee Schliersee Wendelstein
Und in meiner persönlichen geografischen Einordnung landen Trainsjoch und Mariandlalm bei den Reisetipps rund um Bayrischzell.
Herausgeberin des Gipfelglück Blogs – seit 2011 eine Sammlung von persönlichen Erfahrungen beim Wandern, Bergsteigen, Radlfahren und Reisen, im Chiemgau, in den Alpen, weltweit.
Mit einer Vorliebe für Höhenmeter, Kuchen, Kaffee, Bücher, Yoga und Weit-Weg-Unterwegs-Sein.