Manche Bergwanderungen – wie auf den Rauschberg, um den es hier geht – kann man nur zu bestimmten Zeiten machen. Die einen sind im Sommer zu leicht oder im Winter zu schwer, im Frühling noch zu viel Schnee, im Herbst zu wenig Blumen.

Seit ich in Bayern wohne, kenne ich eine weitere besondere Zeit, in der man auf ganz bestimmte Berge wandern kann: die Revision!

Es geht um Berge, auf die eine Gondel oder ein Sessellift fährt, auf dessen Gipfel Menschen in Flipflops fettige Pommes essen und stolze Fotos am Gipfelkreuz machen. Berge also, auf die ich persönlich nur ungern wandere, weil mir der Trubel zu viel ist und es ja genug Alternativen gibt. [Wer Gaudi mag und Bergbahnen, sollte unbedingt noch den letzten Absatz lesen vor dem Abschalten…]
Und jetzt kommt die Revision ins Spiel. Revision ist, wenn eine Bergbahn nicht fährt, weil sie überprüft und repariert und geputzt wird, was weiß ich, was die machen. Jedenfalls ist dann meist auch die Pommesbude zu und die Souvenirbude und das sprechende Murmeltier schweigt.
Dann ist die Zeit gekommen, auf solch einen Berg zu steigen!

Die Zeit für den Rauschberg, den Hausberg von Ruhpolding im Chiemgau, war am 3. Advents-Samstag gekommen. Und was für eine schöne Zeit – die Aussicht vom Gipfel auf 1.645 m war einfach der Wahnsinn, ganz blauer Himmel, weiter Blick, und eine für mich neue Perspektive. Links der Watzmann, vor einem die Hohen Tauern, rechts Hochgern und andere Chiemgauer Berge, unten Ruhpolding. Und wir waren zu zweit am Gipfel. Was für eine Ruhe!

Das entschädigt definitiv für den teilweise beschwerlichen Weg.
Wenn man am Parkplatz Froschsee, im Ortsteil Aschenau parkt, wandert man leider die größte Zeit im Schatten, der Weg ist eisig, weil viele Skifahrer unterwegs sind, Grödeln sollte man unbedingt dabei haben. Und Gamaschen auch, denn während der mittlere Teil des Weges glatt ist, versinkt man am Rand schnell bis zum Knie im Schnee. Schneeschuhe lohnen sich trotzdem nicht wirklich, 10-15 Minuten lang hätte man sie wirklich gebrauchen können, die restliche Zeit gehts schon auch ohne.

Der Weg ist meist breit und führt an mächtigen Felsen vorbei, die einzigen Geräusch sind die wenigen Skifahrer ab und zu. Ab dem Kienberg-Sattel läuft man endgültig in der Sonne und hat endlich freien Blick nach Süden Richtung Österreich aufs Sonntagshorn, auf den Wilden Kaiser und so viele Gipfel mehr. Die Skifahrer biegen am Sattel links ab, zum Rauschberg geht es nach rechts. Nach einer Weile sieht man die Hand Adams, die nach Rom zeigt…

… dann kommen Häuser, Antennen, der Messner, die Huber Buam…

… und das Gipfelkreuz in Sicht. An der Liftstation ist es windstill, und still vor allem. Ein paar Dohlen schweben überrascht herbei, aber Schnee und Sonne machen hungrig und es bleiben keine Krümel für Dohlen an diesem Tag. Der Huber kraxlt in der Luft herum. Jeden Moment auskosten.

Denn den Rückweg muss man leider rechtzeitig starten, damit man nicht im Dunkeln durch den Wald über die eisigen Stellen rutschen muss… Der Weg ist unter diesen Bedingungen nichts für Anfänger, bis zum Gipfel sind es etwa 3 Stunden (knapp 900 Höhenmeter), je nachdem wie schnell man auf Schnee und Eis vorwärts kommt.

Tipp: die Zeiten für die Revision findet man auf den Websites der Bergbahnen, oft auch schon eine ganze Weile im voraus, so dass sich gut planen lässt. Dieses Jahr startet die Bahn wieder am 25. Dezember, bis dahin herrscht noch Ruhe am Gipfel.

PS: Wer Bergbahnen mag, und Kinder hat, und Gaudi sucht – fahrt auf jeden Fall man auf den Rauschberg! Die Sicht ist ein Traum und es gibt viel zu erleben. Ich habe nach dieser Tour erfahren, dass eine Freundin aus dem Ruhrgebiet die besten Kindheitserinnerungen an diesen Berg hat. Nur, wenn ihr mich sehen wollt, dann schaut mit dem Fernglas rüber zu den Gipfeln, auf die keine Bergbahn fährt…


Herausgeberin des Gipfelglück Blogs – seit 2011 eine Sammlung von persönlichen Erfahrungen beim Wandern, Bergsteigen, Radlfahren und Reisen, im Chiemgau, in den Alpen, weltweit.
Mit einer Vorliebe für Höhenmeter, Kuchen, Kaffee, Bücher, Yoga und Weit-Weg-Unterwegs-Sein.
4 Kommentare
War mir gar nicht so bewußt mit den Revisionen … aber gut zu wissen :-)
Vielleicht hätte ich das Geheimnis auch besser nicht verraten ;-)
ein super Bericht. Die Bahn kann noch länger in Revision bleiben. :-) Schöne Feiertage und weiter so schöne Berichte lg Bernd
Ach, die Nicht-Bergsteiger brauchen ja auch ein paar Berge :-) Hauptsache, sie machen überhaupt eine Revision…