Ein Bericht über die Wanderung auf die Kampenwand im Chiemgau? Ernsthaft?
Jeder war doch schon mal da, ob mit Wampn oder ohne*, dank Seilbahn kommt auch jeder ohne Schwierigkeiten hin, zumindest bis zur Steinlingalm, und durch ihre Berühmtheit ist es eigentlich immer viel zu voll dort. Brauchts da einen Gipfelglück-Artikel?
Doch bei meinem letzten Besuch, im Super-Herbst 2015, musste ich zum einen feststellen, wie schön es halt wirklich dort ist, und zum anderen, für wie viele Leute die Kampenwand tatsächlich ein Lieblingsberg ist! Und der darf im Gipfelglück ja dann nicht fehlen, ich kann also den potenziellen Urlaubern schon mal eines ihrer künftigen Urlaubshighlights zeigen und die hier Lebenden in Erinnerungen schwelgen lassen und zu erneutem Besuch animieren.
Übrigens: dieser Artikel ist das 8. Türchen des Outdoor-Blogger-Adventskalenders. Gestern war Wanderfreundin Nadine an der Reihe, morgen könnt ihr einen Beitrag bei Jörg von Outdoorsüchtig lesen. Klickt euch mal durch bei all den lieben Kolleginnen und Kollegen!
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Will man wenigstens ein bisschen Ruhe haben, so gilt an der Kampenwand wie an allen Seilbahn-Bergen: früh losgehen und einen Weg möglichst weit weg von der Talstation suchen. Für die Kampenwand empfehle ich den (dennoch riesigen) Wanderparkplatz bei Aigen/ Hintergschwendt (auf ca 600m), von dem aus sich das Ganze als schöne Rundtour gestalten lässt.
Von Anfang an ist der Weg zum Kampenwand-Gipfel als schwarz also schwer markiert, wovon sich aber niemand abschrecken lässt, doch dazu später mehr. Der Weg bis zur Steinlingalm ist einfach, nie extrem steil und ruhig (Orientierung Richtung Roßboden/ Sultensattel/ Steinlingalm). Viel Aussicht gibt es zunächst nicht, der Weg führt durch schattigen Wald, das einzige Geräusch sind die im bunten Laub raschelnden Füße.
Nach etwa 1h endet der Wald, mit jedem Schritt wird die Sicht nun herrlicher, geradeaus auf die Kampenwand, oben auf ein ständig wechselndes Wolkenschauspiel, nach Osten die Chiemgauer Hochplatte, Hochfelln und Hochgern, Watzmann und Loferer Steinberge usw usw.
Fast eben geht der Weg für eine Weile, zur Steinlingalm hin kommen noch ein paar Höhenmeter hinzu. Die Alm auf 1.473m liegt noch völlig im Schatten der Kampenwand, von der Bergstation der Seilbahn (Talstation in Aschau im Chiemgau) kommen vereinzelte Spaziergänger geschlendert.
Zwischen der Steinlingalm und dem Gipfel verläuft kein eindeutiger Weg, zwischen Steinen, Latschen und Gras haben sich jede Menge verzweigte Pfade gebildet, zunehmend wird es steil.
Früh am Morgen (relativ…) sind nur eine Handvoll Leute unterwegs zum Gipfel, die meisten machen einen geübten, trittsicheren Eindruck und doch greift jeder ab und an an einen Stein zum Festhalten und Ausbalancieren.
Am Ende des steilen Hanges erreicht man jedes mal aufs Neue faszinierende Hallen aus Felsen, die Kaisersäle, hoch streben die Felswände an allen Seiten, weit oben erkennt man ein Stück blauen Himmel. Der Weg durch die Hallen ist deutlich markiert, an einer Stelle helfen ein paar Eisenstifte weiter, ein anderes Mal muss man sich dünne machen und durch eng stehende Felswände quetschen, am Ende noch eine schmale mit Stahlseil versicherte ausgesetzte Stelle überwinden. Hier hat die schwarze Wegmarkierung durchaus ihre Berechtigung, und manchmal wundert man sich als erfahrener Wanderer schon, dass hier nicht mehr Unfälle passieren.
Hat man den „Canyon“ hinter sich gelassen, gibt es bis zum Gipfelgrat noch ein paar schrofige Stellen, dann ist man endlich in der Sonne und gefühlt die ganzen Ostalpen breiten sich vor den eigenen Füßen aus. Der Herbst sorgt dafür, dass die Luft klar, die Sicht weit, und die Hohen Tauern am Horizont deutlich schneebedeckt sind.
Zum Gipfelkreuz auf 1.669 m gelangt man über eine kleine Stahlbrücke, zur relativ frühen Stunde – es ist 11 Uhr, 2 Std seit dem Parkplatz – sitzen hier nur eine Handvoll schweigsame andere Wanderer und halten ihr Gesicht in die wärmende Sonne.
Und während ich, auf dem Boden sitzend, mit dem Rücken ans Gipfelkreuz gelehnt, zwei herumhüpfende Dohlen beobachte, wird mir klar, warum die Kampenwand eine solche Anziehungskraft ausübt auf Besucher wie Einheimische. Der Gipfel ist schnell erreicht, die Sicht spektakulär und die Kraxeleien im letzten Abschnitt bringen etwas Abwechslung in die Tour. Die anderen Wanderer erzählen sich, wie oft sie dieses Jahr schon hier waren, im Nebel, im Schnee, halt so, wie wenn unsereins einen Spaziergang im Englischen Garten macht.
Und dann ist da ja noch die Steinlingalm zu Füßen der Kampenwand. Nach einer halben Stunde wird es voll am Gipfel, man kann unterm Gipfelkreuz nicht mehr ungestört sitzen, auch nicht mehr auf den Steinen auf der anderen Seite der kleinen Stahlbrücke. Beim Abstieg kommt eine nicht enden wollende Reihe von Menschen entgegen, längst nicht alle in ordentlichen Bergschuhen, man hofft, dass alle heil nach oben und wieder hinunter kommen.
Ich erwische die halbe Stunde, in der die Sonne zwischen den Felsen auf die Terrasse der Steinlingalm scheint, genieße meinen Kuchen, stoße mit ein paar Mountainbikern aus Rosenheim auf den herrlichen Tag an und versuche die vielen Menschen um mich herum auszublenden. Es ist hier halt wie es ist…
Um die Tour zu einer Rundwanderung zu machen, kann man den steilen Weg bergab über die Gorialm und die Schlechtenbergalm nehmen (im Herbst beide geschlossen), man kommt am Liftstüberl vorbei, das geöffnet ist und immer noch viel Sonne hat (unbedingt merken fürs nächste Mal…), auf einer sonnigen Bank mache ich später noch eine Pause um die Paraglider an der Hochries zu beobachten.
Kampenwand und Steinlingalm sind im Wanderbuch Weißbier Touren verewigt. Die Steinlingalm hat auch im Winter geöffnet, zwischen Sommer- und Wintersaison ist immer ein paar Wochen geschlossen. Auf der Website könnt ihr viel über die Geschichte der Alm nachlesen, wahre Begebenheiten wie auch Sagen!
Was einen guten Wander- Zeitpunkt angeht: die Tour auf die Kampenwand ist für den Herbst nicht wirklich geeignet, sie verläuft viel zu sehr im Schatten und die Terrasse der Steinlingalm liegt nur kurz in der Sonne, zu schnell verschwindet diese schon wieder hinter dem Westgipfel. Die Sicht vom Ostgipfel allerdings ist im Herbst grandios!
Ein letzter Grund für die Anziehungskraft der Kampenwand ist vielleicht auch die gute Sicht, die man von der Autobahn auf sie hat, und durch die markante langgestreckte, zackige Form ist sie mindestens so gut bestimmbar wie der Wendelstein. Und jedes Mal, wenn man über die Salzburger Autobahn fährt – oder wieder mal im Stau steht – denkt man über den nächsten Besuch auf der Kampenwand nach. Bedenkt meine Worte bei eurer nächsten Fahrt auf der A8!
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Mehr Infos zur Gegend in den Reisetipps für den Chiemgau
Datum der Tour: 5. November 2015
Alle Höhenangaben aus der Kompass Wanderkarte 10 Chiemsee Chiemgauer Alpen.
*Für die Nicht-Bayern: es gibt da so einen Spruch, den jeder Bayer 3 mal am Tag aufsagt, sobald irgendein passendes Stichwort fällt… I gangat gern auf d‘ Kampenwand, wann i mit meiner Wamp’n kannt‘ (Rechtschreibung und Version aus der Wikipedia übernommen).
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Herausgeberin des Gipfelglück Blogs – seit 2011 eine Sammlung von persönlichen Erfahrungen beim Wandern, Bergsteigen, Radlfahren und Reisen, im Chiemgau, in den Alpen, weltweit.
Mit einer Vorliebe für Höhenmeter, Kuchen, Kaffee, Bücher, Yoga und Weit-Weg-Unterwegs-Sein.
15 Kommentare
Hallo Stefanie,
schöner Beitrag im Adventskalender :-)
Ich muss zugeben ich war da noch nie. Bin auch sehr selten in den Bergen zum Wandern. Dein Artikel bekräftigt mich aber wieder da auch mal was zu planen. Einfach so schön dieser Aussichten.
Liebe Grüße
Jürgen
Danke :-) Dann solltest du auf jeden Fall mal auf die Kampenwand gehen, wenn du noch nie dort warst. Der Berg, die Almen und die Gegend rundherum sind wirklich wunderschön!
Das werde ich machen. Ich war schon mal am Chiemsee und in der Gegend, aber nicht auf der Kampenwand.
Hach es gibt noch sooo viel zu entdecken :-)
Danke Dir und liebe Grüße
Jürgen
Wenn du auf die Kampenwand gehst, sag Bescheid, dann machen wir ein Bloggerevent draus :-)
Hallo Steffi,
gut, die Kampenwand ist ganz sicher kein Berg für einsame Wandertouren, aber auf jeden Fall einer der Berge, die ich am häufigsten besucht habe.
Sogar gerne mit der Seilbahn. Mit und ohne Kraxe. Von der Hochplatte kommend. Hinauf zum Gipfelkreuz oder auf der Steinlingalm die Wampn weiter wachsen lassen.
Die Alm und die Aussicht von oben sind es einfach wert.
Viele Grüße,
Uli
Die Kombination mit der Hochplatte reizt mich auch, da habe ich bei meinem letzten Besuch drüber nachgedacht. Ist was für nächstes Jahr :-) Viele Grüße!
Eigentlich hab ich es ja nicht so mit den Bergen – mit dem vorgelagerten See schon eher. Aber die Kampenwand ist schon was Besonderes.
Wobei es da im Sommer zugeht wie auf dem Stachus. Zu viele Leute in Flip-Flops und Sandalen, die da durch die Berge stapfen. Da ist es an der etwas abseits gelegenen Gedererwand durchaus ruhiger. Aber da führt ja auch kein Lift rauf :)
Manchmal schlendert man ja tatsächlich auch gern über den Stachus, bei 40 Grad durch den Springbrunnen durch… obwohl einem ein See ja noch lieber wäre :-)
Danke für diesen schönen Bericht. Da kommen gleich wieder Erinnerungen an meine Tour auf die Kampenwand hoch: http://www.breitengrad66.de/2014/10/01/auf-den-gipfel-der-kampenwand/
Schöne Grüße
Thomas
[…] Die Kampenwand, ein Klassiker Gipfelglück hat die Kampenwand bestiegen. Jeder, den ich kenne, mag die Tour auf die Kampenwand, auch wenn wegen der Seilbahn viel zu viele Menschen auf dem Gipfel stehen. Eine gute Idee, unter der Woche auf den Berg mit der unverwechselbaren Form zu wandern, der zu recht von Steffi als Lieblingsberg bezeichnet wird. > Gipfelbuch Kampenwand – ein Lieblingsberg […]
[…] auf welchen bayrischen Bergen man gestanden haben muss. Auch sonst erscheint sich dieser Berg einer Beliebtheit (auch im Gipfelglück-Blog gibts einen tollen Beitrag) zu erfreuen, die man vielleicht nur auf den […]
[…] Gipfel-Glück zum Lieblingsberg Kampenwand […]
Hallo ich war im Herbst 2017 auf der Kampenwand. Wunderschön!!!!! Florian die Kampendohle haben wir auch gesehen.
Ja, wunderschöner Berg :-)
[…] Stefanie von Gipfelglück – Gipfelbuch Kampenwand. Ein Lieblingsberg […]