Seilbahnberge versuche ich zu meiden, oder höchstens zur Revisionszeit zu besteigen, wenn die Seilbahn nicht fährt. Zu viele Menschen, zu viel Trubel, zu viel Beton, zu wenig Gipfelglück. Doch auch die Seilbahnberge gehören in eine Gipfelsammlung, jeder Berg hat seine Zeit.
Der Hochfelln hatte es – aus heute nicht mehr wirklich nachvollziehbaren Gründen – in die 14 Touren für 2014 Liste geschafft, und seine Zeit kam am sonnigen 1. November. Und das völlig zurecht, die Sicht vom Gipfel war grandios und die Tour mit Maren und Simone ein wahrer Genuss, mit überraschendem Ende!
Während die meisten Wanderberichte die Steinbergalm als Startpunkt für den Hochfelln empfehlen, parken wir das Auto an der Talstation der Hochfelln-Seilbahnen in Bergen, auf 586 m nicht weit vom Chiemsee entfernt (Tagesticket 2 Euro). Man fährt früher von der Autobahn ab (sprich kürzere Anfahrt von München aus) und hat rund 1.100 Höhenmeter bis zum Gipfel anstatt nur 670 m von der Steinbergalm aus.
Vom Parkplatz geht es ein Stück über Asphalt Richtung Parkplatz Kalkofen, wo der Weg Nr. 8 beginnt – die veranschlagten 4 Stunden bis zum Gipfel sind aber übertrieben und eher als Abschreckung für Leute, die nur mit Flipflops unterwegs sind, gedacht. Abgesehen von einer Steinmännchen-Versammlung ist der Weg durch den Wald am Bach entlang eher unspektakulär, aber genau das richtige, wenn das Tratschen und Geschichten und Neuigkeiten austauschen im Vordergrund stehen.
Ruckzuck sind die ersten 500 Höhenmeter geschafft, im Almgebiet von Bachschmiedkaser, Öderkaser und Bründling Alm ist der Wald vorbei, der Schnee fängt an, der Blick weitet sich zum Gipfel und wir lassen uns erst einmal auf einer Bank mit Panoramablick nieder. Hier trifft man dann auch auf den erwähnten Weg von der Steinbergalm aus.
Im Schnee kann man den weiteren Weg gut erkennen, er ist gut gespurt aber oft nur einen Fuß breit. Für erfahrene trittsichere Wanderer unproblematisch, aber später am Gipfel treffen wir auf Mädels, denen vom Weg als viel zu gefährlich abgeraten wurde. Es ist halt immer so eine Sache mit der Gefährlichkeit- sich selber einschätzen ist meist einfacher als anderen etwas empfehlen, und bei anderen ist man wohl eher etwas vorsichtiger.
Ich hatte die Hochfelln Wanderung als leichte Tour ausgesucht (die mir im Sommer zu leicht wäre), weil mir andere Touren nach Schneefall, warmem/ nicht gefrorenem Untergrund, Lawinengefahr zu wenig einschätzbar und damit zu riskant erschienen. Mit dem sonnigen Wetter verbunden mit Webcam-Beobachtungen uvm die Tage vorher schien mir der Hochfelln sehr gut machbar – aber das muss jeder selber mit seiner Erfahrung, seinem Können und seiner Tagesform beurteilen.
Bis zum Gipfel wird es nun ein wenig steiler, zwischen ein paar Latschen tritt man wie durch ein Tor hindurch und die Aussicht nach Süden wird endlich frei, und was für eine Sicht. Mit meiner Panoramakarte lassen sich Dachstein, Watzmann, Großglockner und viele schneebedeckte Gipfel dazwischen identifizieren – „unser“ Gipfel macht mit Gondelstation, Hochfellnhaus und großer Kapelle leider einen ziemlich zugebauten Eindruck, der eigentliche Gipfel mit dem schönen Kreuz spielt da absolut eine Nebenrolle, ist aber mit dem Chiemsee im Hintergrund äußerst fotogen!
Natürlich ist hier viel los, ein so sonniger Tag und die Seilbahn bis zum Gipfel…aber es ist weniger schlimm als ich befürchtet hatte. Der Klassiker wird trotz des Trubels sehr freundlichem Hochfelln-Personal gereicht, wir sitzen in der Sonne, schauen auf den Untersberg, den Watzmann, das Sonntagshorn (das ich am nächsten Tag dann bestiegen habe) und viele viele Gipfel mehr.
Ja und dann rückt die Sonne so weit vor, dass schon unser Tisch im Schatten liegt. In dem Wissen, dass der Abstieg der gleiche sein wird wie der Hinweg, nur mit mehr Matsch, nur komplett im Schatten und November-Dämmerung und -Dunkelheit im Anmarsch, statten wir der Hochfellnkirche noch einen Besuch ab, machen ein Gruppenfoto und kaufen dann drei teure Tickets für die Bergbahn. Das war eigentlich nicht so geplant… Mit etwas schlechtem Gewissen, mit einem 15 Euro Loch im Geldbeutel aber schließlich doch mit dem Gefühl, alles richtig gemacht zu haben, sind wir 15 Minuten später wieder am Auto.
Von den Vorzügen der Revisionszeit bei Seilbahnen hatte ich ja schon geschwärmt, derzeit ist es auch am Hochfelln ruhiger! Eventuell fahren die Gondeln am Wochenende, aber in der Woche ist Ruhe, bis Anfang Dezember. Das Hochfellnhaus hat aber leider auch geschlossen, also packt Brotzeit und Gipfelbier ein und genießt den Blick vom Gipfel in aller Ruhe!
Simone hat am Hochfelln übrigens den ersten Geburtstag ihres Blogs gefeiert – und natürlich auch davon bei Outzeit Passau geschrieben.
*Alle Höhenangaben aus der Broschüre der Bergener Hochfelln Seilbahnen
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Spezial-Tour: Überschreitung von Hochfelln und Hochgern
Herausgeberin des Gipfelglück Blogs – seit 2011 eine Sammlung von persönlichen Erfahrungen beim Wandern, Bergsteigen, Radlfahren und Reisen, im Chiemgau, in den Alpen, weltweit.
Mit einer Vorliebe für Höhenmeter, Kuchen, Kaffee, Bücher, Yoga und Weit-Weg-Unterwegs-Sein.