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Münchner Hausberge: Benediktenwand-Überschreitung

von Stefanie Dehler
3 Kommentare

Mittendrin in den Münchner Hausbergen thront mächtig die Benediktenwand, liebevoll auch Benewand genannt. Für ihre Besteigung, und besser noch ihre Überschreitung muss man sich viel Zeit nehmen, am besten eine Hüttenübernachtung auf der Tutzinger Hütte einplanen und bei der ganzen Unternehmung ein wenig aufs Glück hoffen.

Benediktenwand

Benediktenwand

Wer Glück hat, sieht Steinböcke – ich sah keinen einzigen.
Wer Glück hat, bei dem hält das Wetter – bestens, kein Regen, kein Gewitter, es war perfekt.
Und das Glück ist bei den Tüchtigen – eine lange Kamm-Überschreitung erfordert Kondition und gute Planung, und gute Planung macht diese durchaus anspruchsvolle Bergtour zu einem großartigen Erlebnis.

Ich empfehle hier übrigens die Überschreitung von West nach Ost, Start in Kochel, Ziel in Lenggries, mit Übernachtung auf der Tutzinger Hütte und ohne Seilbahn-Benutzung.

 

 

An der Bushaltestelle, das Hinweisschild zur Orterer Alm

An der Bushaltestelle, das Hinweisschild zur Orterer Alm

Tag 1: von Kochel zur Tutzinger Hütte

Wir starten relativ spontan am Sonntag gegen Mittag, fahren mit dem Auto bis Bad Tölz, parken (kostenlos!) am Bahnhof und nehmen den Bus nach Kochel (Ticket 5,80 Euro). Direkt an der Bushaltestelle Pessenbach-Ötzschlössl beginnt der Wanderweg Richtung Orterer Alm und Rabenkopf, er ist steil, schweißtreibend und recht mühselig, dafür aber im schattigen Orterer Wald, worüber man sich im Juli ja durchaus freut. Der Pessenbach plätschert neben dem Weg vor sich hin.

Blick zurück auf die Orterer Alm

Blick zurück auf die Orterer Alm

Nach knapp einer Stunde erreichen wir die Orterer Alm im Talschluss; vor allem beim Blick zurück ist es eine Alm wie aus dem Bilderbuch. Wanderer sitzen an Tischen und im Gras, genießen die Sonne und den Sommer. Man hört keine Geräusche außer Vogelgezwitscher, leises Gemurmel und Gläserklirren. Uns zieht es aber gleich weiter, wir wollen rechtzeitig zum Abendessen die Tutzinger Hütte erreichen.

Am Ende des Orterer Waldes

Am Ende des Orterer Waldes

Es geht nun richtig steil am Rand der Rinne den Wiesenhang hinauf, Stufen und kleine Serpentinen erleichtern dies nicht unbedingt. Bald sind wir wieder im Wald, und nach ca 2 Stunden am Pessenbacher Sattel. Von hier gehen zwei Wege zum Rabenkopf hinauf, ein längerer über die Staffelalm, ein kürzerer, direkterer an der Bergwachthütte vorbei. Ich gönne mir eine lange Pause unter dem Kreuz und warte bis mein Begleiter über die kurze Variante zum Gipfel und zurück sprintet. Auch wenn Juli ist – beim Warten am Berg leistet eine Daunenjacke auch im Juli gute Dienste!

Pessenbacher Sattel zwischen Rabenkopf und Benediktenwand

Pessenbacher Sattel zwischen Rabenkopf und Benediktenwand

Zur Tutzinger Hütte geht es anschließend eben dahin, man verliert sogar an Höhe, doch der Weg ist schön zu gehen, sogar der kurze Abschnitt Forstweg ist nicht so schlimm.

Viele Wandermöglichkeiten im Isarwinkel

Viele Wandermöglichkeiten im Isarwinkel

Bis es noch mal richtig bergauf geht, kleine Serpentinen, eine nach der anderen, bis zur Glaswandscharte (1.324m), und noch einmal 200m bis zu einer Abzweigung: links zur Tutzinger Hütte, rechts zum Gipfel der Benediktenwand. Hierher werden wir morgen früh also zurückkommen.

Blick von oben auf die Tutzinger Hütte

Blick von oben auf die Tutzinger Hütte

Nach dem Abzweig am höchsten Punkt geht es nun wirklich bergab, wir hören Kuhglocken und sehen tief unter uns die Tutzinger Hütte (1.327m). Tische und Bänke draußen verweist, die Sonnenschirme zugeklappt. Als wir um 19 Uhr die Hütte erreichen, ist das Abendessen in vollem Gange, die Schlafsäle voll, immer wieder fällt das Wort “Venedig” – an der Tutzinger Hütte machen die toughen tapferen Alpenüberquerer Station.

Am Sonntag abend ist hier alles entspannt, die hohe Nordwand der Benewand klebt scheinbar direkt vorm Fenster, es gibt warmes Wasser im Badezimmer zum Waschen, in der Stube Kasspatzen und UNO Karten, keiner schnarcht. So viel zum Glück, von dem ich oben sprach. Auch ohne Steinböcke.

Abendessen auf der Tutzinger Hütte

Abendessen auf der Tutzinger Hütte

Blick aus dem Fenster der Tutzinger Hütte auf die Benediktenwand

Blick aus dem Fenster der Tutzinger Hütte auf die Benediktenwand

Tag 2: Tutzinger Hütte – Benediktenwand – Lenggries

Am Montag morgen ist es sonnig und warm genug um draußen zu frühstücken und die steile Wand zum Gipfelkreuz der Benewand hinaufzuschauen. Einer nach dem anderen stapft los und ist noch eine ganze Weile von der Hütte aus zu beobachten. Die einen haben Venedig im Kopf, die anderen – wie wir – “nur” Lenggries.

Morgenstimmung an der Tutzinger Hütte

Morgenstimmung an der Tutzinger Hütte

Zwischen Tutzinger Hütte und Benediktenwand

Zwischen Tutzinger Hütte und Benediktenwand

Zum Gipfelkreuz der Benewand (1.800m) zu gelangen ist noch leicht, wir sind flott und nach rund einer Stunde oben. Alleine genießen wir die Aussicht auf die umliegenden bayrischen Berge, unmittelbar gegenüber Blomberg, Herzogstand & Heimgarten, Estergebirge, Juifen und Schafreuter, Guffert, Blauberge, Ross- und Buchstein und viele weitere. Tief unter uns (fast 500 Meter) die Tutzinger Hütte.

Gipfel der Benediktenwand mit Kreuz und Biwakhäuschen

Gipfel der Benediktenwand mit Kreuz und Biwakhäuschen

Blick vom Gipfel der Benediktenwand, links der Walchensee

Blick vom Gipfel der Benediktenwand, links der Walchensee

Durchaus anspruchsvolle Kraxelstellen im Auf- wie im Abstieg erwarten uns auf den rund 3 1/2 Stunden auf der Kammüberschreitung über die Achselköpfe und den Latschenkopf. Dort hat uns die Zivilisation wieder, Anzahl und Art der Wanderer lassen die Nähe zur Brauneck Seilbahn erkennen. Doch die eigentliche Überschreitung zwischen Benediktenwand und Latschenkopf ist herrlich einsam. Fast immer hält man bei entgegenkommenden Bergsteigern kurz an und tauscht sich über die Strecke aus.

Blick zurück zur Benediktenwand

Blick zurück zur Benediktenwand

Abwechslung durch harmlose kleine Kraxelstellen

Abwechslung durch harmlose kleine Kraxelstellen

Ohne nun allzu detailliert zu werden: es ist keine Kletter- oder Klettersteigausrüstung notwendig, Erfahrung im alpinen Gelände sollte man aber mitbringen, um die teilweise ausgesetzten, steilen und seilversicherten Abschnitte zu meistern. Wer bergerfahren ist, wird viel Freude an der Überschreitung der Benediktenwand haben.

Seilversicherte Stelle im Abstieg

Seilversicherte Stelle im Abstieg

Felsen bei der Überschreitung der Benediktenwand

Felsen bei der Überschreitung der Benediktenwand

Das Gelände ist durchaus abwechslungsreich, es geht oft durch Latschen hindurch, unterbrochen von felsigen Stellen, mal ein Schneefeld, mal eine Wiese, mal eine Leiter. Hinweisschilder sind selten, tauchen aber dann auf, wenn man den schwierigen Überschreitungsweg durch einen leichteren Abschnitt umgehen kann.

Bergblumen an der Benediktenwand

Bergblumen an der Benediktenwand

Steilere Stelle an der Benediktenwand

Steilere Stelle an der Benediktenwand

Leuchtend türkis sieht man immer wieder den Walchensee, dunkelgrau Staffelsee und Starnberger See. Bad Tölz scheint so nah, doch im Kopf ist die Abfahrt mit dem Bus Richtung Kochel so viel länger her als einen Tag, die Benediktenwand Überschreitung ist eine Überschreitung weit weg vom Alltag.

Steinmännchen kurz vor dem Latschenkopf

Steinmännchen kurz vor dem Latschenkopf

Ist man am Latschenkopf schon von den anderen Menschen irritiert, so kommen am Brauneck noch mehr Zeichen von Zivilisation hinzu. Hütten, Almen, Baufahrzeuge, Hinweise auf Skibetrieb, Stie-Alm, Quengeralm, Hütten für Bergwacht, Liftbetreiber uvm. Wir machen eine letzte Pause am Brauneckhaus (1.540m), bei Kuchenglück und Gipfelglück.

Blick zum Brauneck mit Stiealm

Blick zum Brauneckgipfel und auf die Berge jenseits von Lenggries und Isartal

Kuchen und Spezi am Brauneckhaus

Kuchen und Spezi am Brauneckhaus

Steil und langweilig ist schließlich der Weg hinunter nach Lenggries, aber nach einem langen Tag hat man eh keine Lust mehr und gibt sich mit dem Skipisten-Forst-Weg zufrieden. Wir kommen am Bikepark Lenggries vorbei und an der Talstation der Bergbahn und überqueren nach 7 1/2 Stunden (mit Pausen) die Isar in Lenggries (679m). Beim Warten auf die BOB stellen wir fest: nach Bad Tölz, wo unser Auto steht, fährt auch ein Bus. Frühere Abfahrt als die BOB, und auch wenn es länger dauert, werden wir früher ankommen als mit dem Zug. Und so lassen wir uns gemütlich mit dem Bus zum Parkplatz zurück kutschieren.

Isar überqueren in Lenggries

Isar überqueren in Lenggries

 

Datum der Tour: 3. und 4. Juli 2016

Alle Höhenangaben aus der Kompass Wanderkarte 182 Isarwinkel Bad Tölz, Lenggries

 

Weiterlesen

Gastautorin Torkelbiene hat von einer längeren Hüttentour rund um die Benediktenwand berichtet

Mehr Bergtouren im Isarwinkel

Eine kürzere Variante einer Bergbahn-Bergtour auf die Benediktenwand gibt es im Gipfelsammler-Wanderführer
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3 Kommentare

Florian 21. Juli 2016 - 10:38

Hi Stefanie,

coole Tour, die merk ich mir :-)

Liebe Grüße
Florian

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Daniel 31. Juli 2016 - 21:26

Hallo Stefanie!
Vielen Dank für diesen wunderbaren Bericht!
Wenn das Wetter passt, werde ich diese Tour nächstes Wochende mal ausprobieren!
Vielen Dank für diesen genialen Blog mit unzähligen guten Tips!
Beste Grüße Daniel

antworten
Stefanie Dehler 7. August 2016 - 16:14

Für so eine lange Tour braucht man schon gutes Wetter. Nicht so einfach diesen Sommer…

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