Der felsige Grat auf den Hohen Sonnblick ist ein Kraxel-Genuss in den Hohen Tauern und der Berg ein Dreitausender an der faszinierenden Grenze zwischen Wandern und Bergsteigen. Meine Tour: ein Highlight des Sommers, Gipfelglück bei perfekten Bedingungen und insgesamt ein Hütten-Wochenende, das Lust auf mehr und immer mehr Berge macht.
Was ich leider erwähnen muss: einfach und schwer ist immer relativ, dieser Bericht ist subjektiv, meine persönliche Erfahrung und keine neutrale Wegbeschreibung. Wie bei jeder Tour und insbesondere bei Gipfeln über 3000 m solltest du bei deiner Tourenplanung mehr als einen Bericht lesen und deine Fähigkeiten sowie die Bedingungen am jeweiligen Tag vernünftig einschätzen.
Ausgangspunkt für die Tour auf den Hohen Sonnblick ist das Schutzhaus Neubau, eine Hütte der Naturfreunde in der Goldberggruppe, die zu den Hohen Tauern gehört.
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Inhaltsverzeichnis
Bergtour auf den Hohen Sonnblick
Es ist noch schattig, als wir nach dem Frühstück aus der Hütte treten, Trekkingstöcke und Schnürsenkel ein letztes Mal richten und am Hütten-Tümpel vorbei losziehen. Die höher liegenden Gipfel werden bereits von der Sonne beschienen, dieser Augusttag verspricht perfekt zu werden für den Hohen Sonnblick. Kein Tag für Berg-Einsamkeit, viele Bergsteigerinnen und Bergsteiger wollen sich heute an dem beliebten Dreitausender versuchen. Nicht nur von unserer Hütte aus, auch aus dem Tal sind die ersten Konditionsstarken schon unterwegs.
Der Weg ist zunächst noch unspektakulär, der Blick geht zu Überbleibseln des Bergbaus, zu Anzeichen ehemaliger Gletscher und kleinen Freuden am Wegesrand wie Wollgras, kleine Brücken und rauschende Bächlein. Im Blockgelände wechselt der Charakter aber schnell vom grünen Wiesen- ins graue Felsgelände.
Fakten zur Tour
Fakten zur Tour | |
Start: | Naturfreundehaus Schutzhaus Neubau |
Ende: | Naturfreundehaus Schutzhaus Neubau |
Länge: | 9,5 km |
Höhenmeter: | 1.055 m |
Zeit in Bewegung: | 4 h 06 min |
Highlights: | Grat-Kraxeleien, Kuchen auf der Rojacher Hütte |
Es wird spannender als das leuchtende Eis des Vogelmaier Ochsenkar Kees ins Blickfeld kommt und wir die winzige Rojacher-Hütte auf 2.718 m erreichen.
Aufregend, wie dieses Holzhäuschen am Fels klebt in einer gigantischen Landschaft aus Fels und Eis, wie verspielt über der Terrasse die bunten Nepal-Fähnchen im Wind flattern. Die Einkehr verschieben wir natürlich auf den Rückweg, denn der Weg wendet sich nun endlich dem langgestreckten Gipfelgrat zu.
Gefühlt bewegen wir uns nun auf einem großen Steinhaufen vorwärts, die Wegführung ist immer gut erkennbar, auch wenn man von einem Weg nicht mehr sprechen kann. Es ist eine Mischung aus klettern und tanzen, oder herumtänzeln, so kommt es mir vor. Eine herrliche Kraxelei auf immer neue Felsstufen, teils über Platten, mal über eine Leiter, mal unterstützt von Klammern und Eisenstiften, was man aber weder als Klettersteig bezeichnen kann noch als schwieriges klettern.
Man muss es mögen, man sollte schwindelfrei sein kein Problem mit ausgesetztem Gelände haben – teilweise geht es rechts und links doch recht steil bergab. Ich bin ganz in meinem Element und kann gar nicht mehr aufhören zu grinsen. Es ist auch vom Wetter einfach ein perfekter Tag, der Himmel klar und die Sicht wahrlich atemberaubend- man merkt durchaus, dass wir uns rund um die magische 3000 Meter Marke bewegen.
Die Schlüsselstelle für mich kommt vor dem letzten Gratabschnitt – hier teilt sich der Weg und links kann man statt auf dem felsigen Grat einen Abschnitt über ein Schneefeld wählen. Viele biegen hier ab auf den vermeintlich leichteren Weg, in vielen Gruppen wird diskutiert und beraten. Schweren Herzens (für mich) einigen auch wir uns auf den Weg übers Schneefeld, das in der Sonne leuchtet und auch gut griffig ist – aber nach links geht es sehr steil bergab und ich wünsche mich auf den festen Fels zurück.
Doch der Schnee ist schnell überwunden, die Schlüsselstelle geschafft, und unser Ziel im Blick gehen wir die letzten steinigen Meter zum Gipfel des Hohen Sonnblicks, der sehr markant ist aber zugegebenermaßen nicht unbedingt schön…
Am Gipfel des Hohen Sonnblicks auf 3.106 m
Der Gipfel des Hohen Sonnblicks ist komplett zugebaut! Nicht mal Platz für ein Gipfelkreuz gibt es oder sonst einen Ort für ein schönes Gipfel-Foto.
Zum einen ist da das Zittelhaus, die Alpenvereinshütte der Sektion Rauris. Gebaut 1886, mit rund 100 Schlafplätzen und einer gemütlichen Stube, wo wir zufrieden einen Gipfel-Kaffee trinken. Nebenan ist das Observatorium, eine Wetterstation, die ebenfalls 1886 eröffnet wurde, seitdem ganzjährig Daten sammelt und Messungen durchführt und damit das (laut Wikipedia) höchstgelegene ganzjährig betriebene Observatorium der Welt ist. Rundherum ist gefühlt Baustelle…
Mag der Gipfel keinen Schönheitspreis gewinnen, die Aussicht macht das wieder wett, und ich kann kaum glauben, welch feinen Tag wir erwischt haben. Gewaltig erstrecken sich die Alpen in alle Richtungen, besonders aber der Großglockner zieht alle Blicke auf sich wie ein Magnet. Meine Tour auf den höchsten Berg Österreichs ist unvergessen und ich gerate bei der Erinnerung immer noch ins Schwärmen. Der Hocharn 3.254 m ist ein direkter Nachbar, dazu weitere Gipfel der Goldberggruppe wie Alteck 2.942 m und Schareck 3.123 m
Als wir uns rundum satt gesehen haben, machen wir uns an den Abstieg. Schnell wird deutlich: jeder und jede Einzelne hat seine oder ihre “Lieblingsstellen”. Auch im Gespräch mit anderen Leuten auf dem Grat wird deutlich, wie alle vor ihrer eigenen Herausforderung stehen und sich Stück für Stück den Grat hinunter tasten. Oft die beste Lösung: erst mal auf den Hintern setzen. Dann ist alles nicht mehr so hoch und die Füße sind der nächsten Geländestufe auch schon viel näher.
Von einigen größeren Stufen (und dem Schneefeld) abgesehen, ist auch der Abstieg für mich ein Genuss, der Felsgrat ist eine Herausforderung, erfordert Konzentration und Können und ein wenig Mut, aber ich fühle mich weder überfordert noch unsicher. Außerdem sind die Bedingungen einfach perfekt an diesem Tag. Bei Nebel, Regen oder Schnee mag ich hier nicht unbedingt unterwegs sein…
Pause auf der Rojacher Hütte
So aber erreichen wir schon bald die Rojacherhütte, erleichtert und stolz setzen wir uns jetzt mit Kuchen und Skiwasser auf die Terrasse. Zufriedene, begeisterte Gesichter begegnen uns hier, man tauscht sich aus und vergewissert sich gegenseitig, welch Glück es ist, in diesem Moment an diesem Ort sein zu dürfen.
Mit einem dankbaren letzten Blick auf das Vogelmaier Ochsenkar Kees geht es dann auf den letzten Wegabschnitt, der sich zieht, auf dem sich die ersten Anzeichen von Müdigkeit und Erschöpfung zeigen, auf dem der Kopf aber auch damit beginnen kann, das Erlebte zu verarbeiten.
Konzentration ist bis zum Schluss notwendig, aber auf dem guten Weg lässt es sich locker dahin wandern. Am Brunnen des Schutzhaus Neubau wischen wir uns den klebrigen Film aus Schweiß und Sonnenmilch aus dem Gesicht, füllen den Bauch bis zum Anschlag mit kaltem Wasser und halten die glücklichen Gesichter in die letzten warmen Sonnenstrahlen.
Übernachtung im Gebiet des Hohen Sonnblick: Naturfreundehaus Schutzhaus Neubau
Der Hohe Sonnblick lässt sich durchaus als Tagestour gehen, 600 Höhenmeter mehr muss man dann einkalkulieren. Allerdings hat man rund 1000 hm unterhalb des Gipfels mit dem Naturfreundehaus Schutzhaus Neubau eine so schöne Hütte, dass sich eine Übernachtung auf jeden Fall anbietet – auch wenn man bedenkt, dass die Tour zum Gipfel durchaus anspruchsvoll ist und man ja auch erst mal den Talschluss von Rauris erreichen muss.
Die Hütte unterhalb des Hohen Sonnblicks liegt auf 2.175 m und hat eine so angenehme Atmosphäre, wie man sie vor und auch nach einer anspruchsvollen Bergtour braucht. Gastfreundliche Wirtsleute, gutes Essen, eine gemütliche Stube und Sitzplätze rund um die Hütte, Trinkwasser ohne Ende und weite Blicke ins Tal.
Das Naturfreundehaus liegt auf einer Hüttenrunde von Bad Gastein aus, zwischen Niedersachsenhaus und Duisburger Hütte. Neben dem Hohen Sonnblick lassen sich noch einige andere Gipfel von hier erreichen, weshalb ich gerne noch mal wiederkommen werde.
Der Name kommt übrigens aus der Bergbau-Vergangenheit der Gegend. Schon Kelten und Römer schürften hier nach Gold, ab dem 14. Jahrhundert war der Talschluss Kolm Saigurn ein riesiges Bergbau-Gebiet und wichtiges Gold-Abbaugebiet. Noch heute sieht man Reste von Gebäuden, Stollen und Wegen, auf Themen-Wanderwegen kannst du einiges über die Bergbau Vergangenheit lernen. Einige Gipfelnamen wie der Goldzechkopf und die Goldberggruppe selbst tragen die Erinnerung im Namen.
Anreise, Aufstieg und Abstieg Schutzhaus Neubau
Ausgangspunkt für die beschriebene Tour ist der Parkplatz Lenzanger im Talschluss von Rauris auf 1.580 m. Auf einem breiten Weg gelangt man ins Gebiet von Kolm Saigurn, mit Almen, Hütten und mehreren einfachen Wanderwegen.
Der Blick auf die Karte zeigt zwei Wege zum Naturfreundehaus Schutzhaus Neubau, also zwei Varianten für Auf- und Abstieg. Meine Empfehlung: im Aufstieg den Naturfreunde Weg Nr. 119 wählen, der vom Parkplatz kommend links vom Hauptweg abbiegt, nicht allzu steil durch Bergwald und Wiesengelände bis zum Schutzhaus Neubau führt. Im Abstieg darf es dann steiler sein, dafür kommt man auf dem Bergsteiger-Weg Nr. 122 am schönen Barbara Wasserfall vorbei, ein schöner Abschluss der Tour.
Den Parkplatz erreicht man übrigens über eine Mautstraße, Kosten im Sommer 2023: 9 Euro.
Datum der Tour: ein Wochenende im August 2023
Alle Höhenangaben stammen aus Infomaterial der Region sowie aus der Kompass Karte 50 Nationalpark Hohe Tauern. Hier kannst du die Kompass Wanderkarte bei Amazon bestellen* oder hol sie dir in deiner Lieblingsbuchhandlung.
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Zur Tour auf Komoot
Website Sonnblick Observatorium: www.sonnblick.net
Website Schutzhaus Neubau: www.schutzhaus-neubau.at/
Website Zittelhaus: www.zittelhaus.at/
Website der Rojacher Hütte: www.alpenverein.at/rojacherhuette/
Mehr Dreitausender im Gipfelglück Blog: www.gipfel-glueck.de/tag/dreitausender
Mehr Gipfelglück in Österreich: www.gipfel-glueck.de/tag/oesterreich
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Herausgeberin des Gipfelglück Blogs – seit 2011 eine Sammlung von persönlichen Erfahrungen beim Wandern, Bergsteigen, Radlfahren und Reisen, im Chiemgau, in den Alpen, weltweit.
Mit einer Vorliebe für Höhenmeter, Kuchen, Kaffee, Bücher, Yoga und Weit-Weg-Unterwegs-Sein.
4 Kommentare
Ist auch ein super Skitourengipfel.
Im Winter bestimmt auch eine tolle Gegend!
Hallo liebe Stefanie,
vielen lieben Dank für diese schöne und eindrucksvolle Beschreibung hinauf zum Hohen Sonnblick.
Seit über 40 Jahren ist das Raurisertal meine 2. Heimat. 2 x im Jahr mache ich hier mit meinem Mann Urlaub. Wir waren nie auf dem Gipfel des Hohen Sonnblicks, träumen aber Jahr für Jahr davon. Ich habe mich nie getraut und jetzt, nachdem ich deinen Bericht gelesen habe, weiß ich auch, warum :-) Ich denke, man sollte immer auf sein Bauchgefühl hören. Ich bin sehr gerne in den Bergen unterwegs, schaue sie mir total gerne von unten an. So manchen leichten Gipfel haben aber auch wir erklommen. Es gibt in Rauris auch Berge, auf die ich mich rauf traue :-)
Hab noch mal vielen lieben Dank für deinen Bericht! Er ist echt toll – auch die Bilder!
Liebe Carmen,
danke für deine netten Worte! 40 Jahre, wow. Bis zum Schutzhaus Neubau ist der Weg nicht schwer, warst du da schon? Vielleicht auch bis zur Rojacher Hütte, wobei ich dich natürlich nicht einschätzen kann. Und wenn nicht – Bilder anschauen finde ich auch schön, es gibt so viele Berge, man hat gar nicht die Zeit für „alle“. Viele Grüße!