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Großes Wiesbachhorn 3.564 m über Schwaiger Haus und Kaindl Grat

von Stefanie Dehler
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Das Große Wiesbachhorn gehört zu den schönsten Bergen in Österreich, oder in den Ostalpen, hört man oft. Über 3.500 Meter hoch ist tatsächlich etwas Besonderes, noch dazu ist die Besteigung des Wiesbachhorns relativ einfach, wenn man gutes Wetter erwischt und der Kaindlgrat so aper ist wie bei meiner Tour.

Was mich am Großen Wiesbachhorn begeistert hat: es sind zwar viele Menschen unterwegs an diesem Berg, aber man hat Ruhe. Ruhe für den Zustieg, Ruhe die Hütte zu genießen, hat keinen Zeitdruck auf den Gipfel zu gelangen oder wieder hinunter. Ist das Wetter gut, wie bei meiner Tour, ist das Wiesbachhorn ein entspannter Dreitausender mit einer fantastischen Hütte – das Heinrich-Schwaiger-Haus zwischen Gipfel und Kapruner Stauseen allein ein Ziel, ein Ort, wo Hüttenfans wie ich einfach einmal gewesen sein müssen.

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Kaindlgrat am Großen Wiesbachhorn
Kaindlgrat am Großen Wiesbachhorn (Obacht, der Gipfel ist das hinten links, was gerade aus dem Bild verschwindet!)

Vom Moserboden auf 2.040m geht man rund 2 Stunden zum Heinrich Schwaiger Haus, normalerweise könnte man so losgehen, dass man zum Abendessen oben ankommt, oder evtl zum Nachmittagskaffee. Der Wetterbericht für den Nachmittag war allerdings schlecht, so dass wir auf Nummer sicher gingen – rechtzeitig los, ohne Risiko, ohne Gewitter am Horizont. Ca 9:30 Uhr Uhr Ankunft am Parkhaus, Bus, Standseilbahn, Bus, ca 10:30 Uhr Ankunft am Stausee, kurz vor 1, zum Mittagessen, auf der Hütte.

Ankunft am Moserboden Stausee
Ankunft am Moserboden Stausee, nach der Fahrt mit Bus, Standseilbahn und noch einem Bus.

Ein wichtiger Zwischenstop muss noch erwähnt werden: da, wo die Staumauer in den Wanderpfad übergeht, befindet sich die Vorratskammer des Heinrich-Schwaiger-Hauses. Ein Stoß Holz, zwei Kühlboxen. Und ein Schild – alles muss rauf, bitte helft tragen. Wohlan, der eine nimmt ein Scheitl Holz, ich packe einen Kohlkopf in den Rucksack, Käse und Butter sind in der Mittagshitze doch sehr heikel. Die Dankbarkeit des Hüttenteams ist einem sicher, und begegnet man anderen Wanderern, wird kritisch begutachtet, was die wohl so mit herauftragen.

Vorratskammer des Heinrich Schwaiger Hauses am Stausee
Vorratskammer des Heinrich Schwaiger Hauses am Stausee

Dolce Vita, süßes Nichtstun, ein paar Stunden lang auf der Terrasse auf 2.802m. Blick auf den türkisgrünen Stausee unten, benachbarte Berge und Gletscher, auf rauschende Wasserfälle am Hang unterhalb von Wiesbachhorn und Bratschenkopf. Eine sonnige Terrasse mit Liegestühlen. Nudelsuppe, Kuchen, Weißbier und Kaffee. Da hält man es durchaus ein paar Stunden aus!

Dolce Vita - im Liegestuhl mit Bier und Gletscherblick am Heinrich Schwaiger Haus/ Hohe Tauern, Österreich
Dolce Vita – im Liegestuhl mit Bier und Gletscherblick am Heinrich Schwaiger Haus/ Hohe Tauern, Österreich

Pünktlich zum Abendessen starten Regen und Gewitter. Die Hütte ist pickepacke voll, für eine Handvoll Leute ohne Reservierung werden später Decken in die Stube gebracht, auf dem Fußboden ist gerade genug Platz zum Schlafen. Das Hüttenteam: immer noch freundlich und entspannt, offenbar immun gegen Stress, obwohl sie den ganzen Nachmittag eine volle Terrasse hatten.

Die Halbpension liest sich nach klassischer Hüttenkost, Suppe, Salat, Fleisch. Aber die Zubereitung ist raffinierter als anderswo, Dank nicht-typischer Gewürze im Möhrensalat, weicher Polenta zum Gulasch und Blüten auf der Panna Cotta – gute regionale Zutaten, auf der Karte ist aufgelistet, dass Mehl, Rosinen, Körner aus der Siegsdorfer St. Johann Mühle kommen, das Bier von der Klosterbrauerei Baumburg im Chiemgau (das Helle mit einer besonderen auf die Höhe angepasste Rezeptur), die Bienenstöcke für den Honig stehen an der Staumauer, Fleisch, Schnaps und Speck kommen von “der Familie Rieder vom Schloss Saalhof in Maishofen” – usw.

Die Hütte gehört „meiner“ Alpenvereins-Sektion München & Oberland und hat eine sehr interessante und tragische Entstehungs-Geschichte (siehe Link unten zur Hütten Website). Die Atmosphäre hier und Gemütlichkeit, das gute Essen, das ist es, warum ich Hüttentourn so mag!

Das Kuchenbuffet im Heinrich Schwaiger Haus.
Das Kuchenbuffet im Heinrich Schwaiger Haus – vom Abendessen gibt es leider keine Fotos, ups.

Der Gipfel des Großen Wiesbachhorns ist nur 762 Hm entfernt, man muss nicht allzu früh aufbrechen. 7:30 Uhr ist vollkommen ausreichend, nach einem Frühstück mit Müsli, Obst, frisch gebackenem Brot… Wir packen sicherheitshalber die Steigeisen ein, der Pickel bleibt in der Hütte: der Weg zum Wiesbachhorn ist eisfrei, wurde uns gesagt, höchstens für einen Abstecher Richtung Bratschenkopf oder Klöckerin bräuchten wir Steigeisen.

Das Wetter war übrigens besser, als manche Bilder den Anschein haben, aber durch Wolken und grelles Licht (und nur schnelle Schnappschüsse beim Fotografieren) erscheint der Himmel oft weiß, die Bilder haben deswegen einen dünnen Rahmen bekommen. Perfekt war es nicht, aber die ganze Zeit trocken, beste Hochtouren-Bedingungen.

Wegweiser zum Großen Wiesbachhorn
Da lang – von der Hütte zum Gipfel.

5 min eingehen auf einem Pfad hinter der Hütte, dann folgt bereits die Schlüsselstelle des Tages, eine seilversicherte Kletterstelle, wie man sie auf Hochtouren antrifft. Es geht durch eine Art Kamin hinauf, eine Spaßkletterei, gestört nur durch Stellen mit feuchtem Sand der Vor-Geher; wer sich gut am Seil festhält, kommt problemlos rauf.

Selbst als Hund, wie man sieht, nur eine Stelle erfordert einen so großen Schritt, dass der Hund kurz getragen werden muss (klar, dass ich genau vor dieser Stelle dann etwas Bammel im Abstieg habe – aber sowohl der Hund als auch ich sind gut runter gekommen, wieder einmal besser als befürchtet).

Anstehen zum Klettern: die Schlüsselstelle auf dem Weg zum Wiesbachhorn
Anstehen zum Klettern: die Schlüsselstelle auf dem Weg zum Wiesbachhorn

Ein wenig Blockkletterei, die an den Hohen Riffler im Zillertal erinnert, dann blicken wir zum berühmten Kaindlgrat. Links Gletscher und die Felswände Richtung Hoher Tenn, rechts Gletscher und die prächtige Kulisse aus Bratschenkopf und Klöckerin, hinter denen recht bald auch der Großglockner auftaucht, die Spitze meist in Wolken versteckt.

Bröselig auf dem Weg zum Kaindlgrat
Bröselig auf dem Weg zum Kaindlgrat
Der erste Blick auf den Grat und auf den Gipfel des Großen Wiesbachhorns
Der erste Blick auf den Grat und auf den Gipfel des Großen Wiesbachhorns

Vom Kaindlgrat sieht man oft grandiose Fotos. Eisig, weiß, steil nach beiden Seiten, ein einzelner Bergsteiger, der Farbe ins Bild bringt. Bei uns: Der Weg auf dem Grat ist komplett eisfrei, entsprechend ist er viel breiter als auf Bildern, bequem zu gehen, und alles ist voller Menschen.

Neben den 80 von der Hütte sind inzwischen auch diejenigen dabei, die mit dem ersten Bus im Tal losgefahren sind und das gute Wetter nutzen. Tolle Fotos ohne Getümmel bekommt man trotzdem hin! Auch Fotos Richtung Großvenediger, zur Glockner Hochalpenstraße im Fuscher Tal unten, zu den Steinbergen und dem Kaisergebirge am Horizont.

Komplett aper, der Kaindlgrat. Eisfreie Hochtour im August.

Der Pfad ist generell gut zu gehen, am Ende des Kaindlgrates, am Beginn des Gipfelaufbaus, kann man links am Steinmandl über den Nordwestgrat gehen oder rechts, weniger ausgesetzt, in einem Bogen. Der Pfad ist oft ein bröseliger Sand, teilweise ganz weich. Der Endspurt zum Gipfel ist noch mal steil, jeder sucht sich irgendwie seinen Weg über gestapelte Felsbrocken, durchsetzt von dünnen Neuschnee-Flecken.

Die letzten Meter zum Gipfel am Großen Wiesbachhorn in den Hohen Tauern
Die letzten Meter zum Gipfel am Großen Wiesbachhorn in den Hohen Tauern

Und dann wird es flach, und mit sicher 20 anderen stehen wir am Gipfel des Großen Wiesbachhorns auf 3.564m. Prompt ziehen Wolken auf, Sicht ist kaum noch vorhanden, der Wind ist frisch, aber die Stimmung gut.

Gipfelglück am Großen Wiesbachhorn, 3.564m
Gipfelglück am Großen Wiesbachhorn, 3.564m

Was man durch die Wolken im Osten nicht sieht: die Ostwand ist die “höchste durchgehende Flanke der Ostalpen”, mit 2.400 m ins Fuschertal hinunter. Wolken und Sonne malen dafür wundervolle Muster auf die Gletscher ringsherum, oder das, was von ihnen noch übrig ist. Ich habe die große Kamera wieder einmal im Tal gelassen, die Bilder vom Handy sind nicht schlecht, aber kein Vergleich zur Realität. Die echten Bilder bleiben im Kopf!

Gletscherblick.
Gletscherblick.
Blick hinunter auf die Großglockner Hochalpenstraße, Österreich
Blick hinunter auf die Großglockner Hochalpenstraße, Österreich

An der Wielingerscharte (3.265m) ist Pause angesagt, es ist weniger windig, die Sonne wärmt tshirtfähig, wir beobachten ganze zwei Bergsteiger auf dem Gletscher, die in voller Gletschermontur am Bratschenkopf unterwegs sind.

Glockner, Bratschenkopf uvm. Aussicht!
Glockner, Bratschenkopf uvm. Aussicht!
Grauer als die Realität, das Foto, aber das Erlebnis haftet fest in der Erinnerung. Der Kaindlgrat.
Grauer als die Realität, das Foto, aber das Erlebnis haftet fest in der Erinnerung. Der Kaindlgrat.

Der Blick beim Abstieg ist herrlich, tief unter uns leuchtend blau die Stauseen, davor winzig, auf dem einzigen flachen Stück weit und breit, das Schwaiger-Haus.

Ausblick Moserboden und schweiter Haus
Ausblick im Abstieg: Hütte und See.
Ein Ort näher am Himmel. Die Terrasse des Schwaiger Hauses im Salzburger Land/ Österreich.
Ein Ort näher am Himmel. Die Terrasse des Schwaiger Hauses im Salzburger Land/ Österreich.

Der Weg zwischen Hütte und Stausee ist dann irgendwie nur noch Pflichtprogramm – jeder will einfach nur noch runter. In ca 50 Serpentinen, auf staubigem, sandigem Untergrund, zum Pfeifen der Murmeltiere, mit Blick auf die Stauseen und auf heranziehende Wolken Richtung Zivilisation. Auch wenn diese die ganze Zeit im Blick war – auf der Hütte und weiter oben ist man halt doch weit weg. Weg vom Alltag, weg vom Lärm, weg vom Asphalt. Unter Bergsteiger*innen.

Dem Himmel ein Stück näher.

Venediger Hohe Tauern in Österreich
Blick zum Großvenediger und seinen Nachbarn

Fazit: Unter den guten Wetterbedingungen, die wir hatten, ist das Große Wiesbachhorn ein relativ einfacher 3.000er, ohne große Kletterstellen, ohne Gletscherspalten, ohne Orientierungsschwierigkeiten. Sobald es vereist ist, man mit Regen, Schnee, Nebel zu kämpfen hat, sieht es schon ganz anders aus. Und auch bei gutem Wetter darf man die Höhe nicht unterschätzen, eine Übernachtung in einer vollen Hütte auf 2.800m ist kein Schönheitsschlaf.

Das Schwaiger Haus ist eine wundervolle Hütte, in grandioser Lage und vielleicht gerade durch die Nähe zu den Stauseen und ihrem Massentourismus mit einer sehr besonderen Atmosphäre.

Datum der Tour: August 2017

Alle Höhenangaben aus der Broschüre des Alpenvereins zum Heinrich Schwaiger Haus.

Schwarz Weiß Panorama. Kaindlgrat in den Hohen Tauern.
Schwarz Weiß Panorama. Kaindlgrat in den Hohen Tauern.
Blick zum Kitzsteinhorn über den Kapruner Stauseen samt Kaindlgrat
Blick zum Kitzsteinhorn über den Kapruner Stauseen samt Kaindlgrat
Gletscherformen und Gletscherfarben, Hochtouren-Freuden.
Gletscherformen und Gletscherfarben, Hochtouren-Freuden.
Gletscher und Wasserfälle - Blick von der Terrasse des Schwaiger Hauses am Wiesbachhorn
Gletscher und Wasserfälle – Blick von der Terrasse des Schwaiger Hauses am Wiesbachhorn
Mittagessen auf dem Heinrich Schwaiger Haus, idyllisch mit Bier und Wäscheleine.
Mittagessen auf dem Heinrich Schwaiger Haus, Idylle mit Suppe, Bier und Wäscheleine

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Mehr Hochtouren

Website des Heinrich Schwaiger Hauses (mit vielen interessanten Hintergründen zur Geschichte der Hütte, lesenswert!

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5 Kommentare

Gert 3. September 2017 - 12:49

Gratuliere, das WBH ist ja einer DER österreichischen Berge. Schöner Bericht von einem schönen Berg!

Was mich ein wenig erschreckt: der Kaindlgrat ist ja nur mehr ein Schatten seiner selbst. Vor ein paar Jahren wollte ich ihn mit einem Arbeitskollegen einmal gehen, da gab’s ihn noch. Leider hat uns das Wetter damals einen Strich durch die Rechnung gemacht.

antworten
Stefanie Dehler 3. September 2017 - 22:08

Danke für dein Lob, lieber Gert.
Und ja, der Kaindlgrat mag jetzt einfach(er) zu gehen sein, eisfrei im August, aber wenn man Bilder vergleicht wird der Gletscherrückgang schon sehr erschreckend deutlich. Damit verbunden werden auch immer mehr Leute zu dieser Tour starten, was zu mehr Schwierigkeiten führt. Nichtsdestotrotz: ein wirklich schöner Berg!

antworten
Oliver Zenkner 29. September 2017 - 11:45

Beeindruckende und wunderschöne Bilder! Die Welt ist doch immer noch wunderschön..Solche blogs liebe ich! Viele Grüße und weiter so, Oliver aus dem allgäu

antworten
Carolin volland 26. Juni 2018 - 07:10

Hallo,

Toller Bericht. Ist die Route für Hunde geeignet ?

LG Caro

antworten
Stefanie Dehler 26. Juni 2018 - 08:18

Hallo Caro,
ich habe Hunde dort gesehen, ja – aber da ich selber keinen Hund habe, kann ich schwer etwas zu dem Thema sagen. Es kommt vermutlich darauf an, wie bergerfahren der Hund ist?
Viele Grüße
Steffi

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